Neue Platten: Deerhunter – "Monomania"

Deerhunter - Monomania (4AD)Deerhunter – „Monomania“ (4AD)

5,5

Was kann man von einem Album erwarten, an dessen Entstehung eine Nebelmaschine beteiligt war? Classic-Rock-Salven oder gar Stakkato-Techno? Nichts dergleichen gibt es auf „Monomania“ zu hören. Dennoch taucht solch ein Gerät in den Credits des Albums auf, zuständig dafür war Sänger Bradford Cox. Womöglich hat er die Maschine dazu benutzt, die Sichtweite im Studio so weit zu verringern, dass die einzelnen Bandmitglieder nicht mehr sehen konnten, wie alles genau verkabelt war. Der Sound von „Monomania“ lässt das vermuten, auf jedem zweiten Track erklingt eine übersteuerte Spur.

Deerhunter sind als Band bekannt, die harmoniereiche Songs gern mal in tiefste Tiefen führt und hübsch glänzende Melodien kurzum verdreht und zerhackt. Die sich aber auch nur einem der beiden Pole widmen kann. Ihr letztes Album „Halcyon Digest“ bewegte sich auf der helleren Seite und erinnerte an den leicht vertrackten Dream Pop von Bands wie Beach House oder Broadcast. Beim Hören von „Monomania“ beschleicht einen hingegen das Gefühl, dass Deerhunter genug von all der Seichtheit haben, lieber Ärger und Klage vertonen wollen.

In der Tat könnte man denken, es handle sich hier um Musiker, die der jugendlichen Verzweiflung noch ganz nah sind. Die Verstärker röhren, die Gitarren kreischen und über all dem liegt die eindringliche Stimme von Bradford Cox, einmal durchs Verzerrer-Pedal gejagt. Sein Gesang kann mal äußerst rotzig klingen („Dream Captain“) oder krächzend einen auf „Talking Blues“ machen („Pensacola“). Er kann aber auch Zurückhaltung. Deerhunter haben einige Lieder mit einer leichten Instrumentierung versehen, zum Beispiel „The Missing“ und „Nitebike“, doch als leichte Kost kann man auch die nicht beschreiben. Immer schwingt eine Prise Tristesse oder Anspannung auf „Monomania“ mit.

Leider hat das zur Folge, dass keiner der Albumtracks wirklich ausgetüftelt ist. „Back To The Middle“ etwa – ein Stück, das schon vorher zu hören war – schlägt stimmungstechnisch die Brücke zu Feelgood-Pop aus den 60ern, dümpelt dann aber doch nur zwischen harmonisch angeschlagen Gitarrensaiten herum. Und dreckig verzerrte Songs wie „Monomania“ oder „Leather Jacket II“ überraschen Ohren, die sich über die letzten Jahre an Noise Pop gewöhnt haben, auch nicht mehr wirklich.

Das Album kokettiert mit der Monotonie – kaum einer der zwölf Songs kommt ohne Rauschen, Zerren, Kreischen aus. Das funktioniert sicher gut im Jugendzimmer, verliert auf eine Dreiviertelstunde aber trotz einiger bezaubernder Melodien („The Missing“) seinen Reiz. Was Hoffnung bereitet: In Vorbereitung auf die Arbeit am neuen Album haben Deerhunter an die 600 Demos von Bradford Cox gesichtet. Es könnte also sein, dass sich die Band bei all den Auswahlmöglichkeiten einfach nur vergriffen hat und der nächste musikalische Wurf ein größerer wird.

Label: 4AD | Kaufen

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