Melenas (Foto: Mirari Echavarri)
Seltsame Zeiten geben dem neuen Album der spanischen, krautig-garagigen Band Melenas seinen Namen: „Dias Raros“. Gut vier Minuten nimmt sich das Quartett aus Pamplona, das seine Musik als „Reverbcore“ bezeichnet, für seine neue Single „Primer Tiempo“. Fast schon eine ungewöhnliche Single-Länge in einer Zeit, da Stücke immer kürzer zu werden scheinen. Weil Streamingdienste die Musikhörgewohnheiten verändert haben, ist es vermutlich marketingtechnisch schlau, Tracks kurz zu halten und auf eine hohe Hookline-Dichte hin zu optimieren. In der Tat seltsame Zeiten.
Vor diesem Hintergrund ist es umso erfrischender, wenn die vier Musikerinnen nun der Musik die Zeit geben, zu atmen. „Reverbcore“ ist vielleicht keine etablierte Genrebezeichnung, beschreibt aber halbwegs treffend einen Sound, der eine solche verdient. Mid-Fi-Aufnahmen, verhallter, mehrstimmiger Gesang, prominente Orgel. Bands von unterschiedlichen Kontinenten aus unterschiedlichen Jahrzehnten, die in einer Playlist fabelhaft miteinander harmonieren würden. Stereolab und Electrelane aus Großbritannien, Grass Widow aus dem Nullerjahre-San-Francisco oder Look Blue, Go Purple aus den neuseeländischen 80ern etwa. Warum nicht „Reverbcore“?
Wichtiger als die kanonische Einordnung des Sounds einer Band ist aber immer noch die Musik. Und die klingt im vorliegenden Fall zugleich frisch und vertraut. Melenas zuzuhören, wie sie sich Marktgesetzen widersetzen, um ihrer Musik den Raum zu verschaffen, den sie braucht, ist es fast als würde man das Smartphone einfach mal für einen Tag ausschalten.
Das Album „Dias Raros“ von Melenas erscheint am 8. Mai 2020 auf dem Label Trouble In Mind. Die Single „Primer Tiempo“ ist heute unser Track des Tages. Hört und seht sie Euch hier an:
Diskussionen
1 KommentareHr.Lich
Jun 10, 2020Danke, dass Ihr mich auf diese Band gebracht habt! unglaublich fresh trotz – oder gerade wegen – des voll analogen Sound- und Bild-Designs… Diese Band vermittelt ein Gefühl von Echtheit – so muss Rockmusik klingen!
Big Up!