Liima – „1982“ (Rezension)

Cover des Albums Liima – „1982“ (City Slang)

7,6

1982 war das Jahr, in dem zum ersten Mal ein nicht-menschliches Wesen zur „Person of the Year“ des US-amerikanischen Time Magazin gekürt worden ist. Neben zahlreichen Persönlichkeiten behält sich nun also auch der Computer vor, zu den größten Errungenschaften der Menschheit zu gehören. Grund genug, um sich mit entwicklungsbedingten Zukunftsfragen auseinanderzusetzen. Genau an dieser Stelle setzt die Band Liima, hervorgegangen aus der dänischen Formation Efterklang und dem finnischen Perkussionisten Tatu Rönkkö, mit ihrem neuen Konzeptalbum „1982“ an.

Eine Platte über die 80er-Jahre also. Doch handelt es sich bei „1982“ nicht um ein nostalgisches Zurücksehnen, vielmehr reflektiert und hinterfragt das Album das Konzept der Identität und damit verbundener Umgangsweisen mit Zukunftsperspektiven. „I didn’t sway for this world“, singen Liima, was deutlich macht, wie unvorstellbar radikal doch die Veränderung der Lebensweise gewesen ist. Mit dieser inhaltlichen Grundlage kreiert die vierköpfige Formation aus Dänemark und Finnland eine eigene Klangwelt, mit der sie immer weiter vom vorigen Bandprojekt Efterklang abdriftet.

„1982“ ist das zweite Album seit dem Ende von Efterklang innerhalb von drei Jahren. Auch im Vergleich zur ersten Platte „ii“ ist der Wandel überaus hörbar. Liimas neuer Sound lässt sich dabei als futuristischer Indie-Pop mit New-Wave-Charakter, wie ihn etwa auch die russische Band Pompeya spielt, bezeichnen. Dabei zögern Liima nicht, sich musikalisch auszuprobieren und durch interessante Songstrukturen und Dynamiken in andere Sphären auszubrechen. Unterstützung bekamen sie dabei von Chris Taylor, der nicht nur für den Sound seiner eigenen Band Grizzly Bear verantwortlich ist, sondern auch „1982“ als Co-Produzent einen füllig produzierten Klang verleiht: Durch eine Wand von sanften Synthesizern entsteht ein kristallklarer Raum, der genügend Platz für einfühlsamen Tiefgang und einprägsame Melodien schafft. „I’m swimming in a sea of clouds“, heißt es in „Jonathan I Can’t Tell You“ – die Zeile wird zur Selbstbeschreibung dieses Sounds.

Und so lässt sich Liimas 80er-Jahre-Konzeptalbum vielleicht auch am besten durch einen der acht Songtitel passend beschreiben: „David Copperfield“ heißt das zweite Stück. Wie der weltbekannten Zauberkünstler soll das Publikum bei Liima in einen Bann der geschaffenen Scheinwelt gezogen werden. Liima schaffen es, ihre HörerInnen schnell zu packen und tatsächlich in eine illusorische Welt zu führen. Man stelle sich einen großen Spiegelraum vor, an dem die unterschiedlichen sanften Klänge von allen Seiten auf den Betrachter zurückprallen und sich selbst in der Reflektion verformen. Im nächsten Augenblick zerbricht die energiegeladene Spannung und versucht durch prägende Melodien und treibende Beats die HörerInnen in ihren Sesseln zu fesseln. Auch wenn es sich um eine wirklich interessante Darstellung handelt, hat man aber doch etwas zu früh schon das Gefühl, die Illusionskünstler bei Verformung der Wirklichkeit ertappt zu haben.

Veröffentlichung: 3. November 2017
Label: City Slang

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