Der West-Östliche Diwan Popsongs: Verehrt – vergessen – exhumiert.

“Father, you're life's a ship that's never been to sea. The bottle that surrounds your life you'll sail eternally.” Ein schönes Bild, aber hundsgemein – geht man so mit seinem Daddy um? Wenn man Styx heißt und die böse Wahrheit in einem hübschen Popsong verbrät – ja. Und wenn Philip Bailey auf der Chinesischen Mauer herumturnt, hört sich das gleichfalls gut an. Oder gar die einstige Kultband Van der Graaf Generator mit ihrem Sopran Peter Hammill – viele schöne Popsongs sind im Koma versunken und harren der Auferstehung: Der geniale Sündenbock Kurt Demmler hatte eine neue Definition für Heimat parat, Steppenwolf unter ex-deutscher Leitung beklagte sich hymnisch: „America where are you now? Don't you care about your sons and daughters? Don't you know we need you now, we can't fight alone against the monster.” Und Aznavour, gerade wieder auf Tour, besang 1968 die Kinder des Krieges und ist damit noch immer hoch aktuell.

Auch Bowie (re­qui­es­cat in pa­ce!) singt im DIWAN. Nicht die Referenz-Lieder, nicht sein Meisterrepertoire, sondern Brecht. Bertolt Brecht. Mit Vertonungen auf der EP „Baal“. Darunter auch Bowies Version von Brechts berühmtestem Liebeslied „Erinnerung an die Marie A.“:

   Und über uns im schönen Sommerhimmel
   War eine Wolke, die ich lange sah
   Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
   Und als ich aufsah, war sie nimmer da.

Bowie sang es aber in Englisch.