La France, en confidence Kanadische Trilogie, Fanny Bloom, Stefie Shock, Daniel Bélanger – und: Zum Tod von Jean-Louis Murat.

… Auch Montréal hat Dorf-Qualitäten. Musikerinnen und Musiker kennen sich untereinander, im Prinzip alle, und auch dann, wenn ihre Musik ganz unterschiedlich ist. Im konkreten Fall der drei im Titel Genannten geht das so: Stefie Shock (Album "La Mécanique De L’Amour") war bei Fanny Bloom (Debütalbum "Apprentie Guerrière") im Konzert, und hat sie danach gefragt, ob sie nicht auf seinem Gainsbourg-Hommage-Album („12 Balles Dans La Peau“) mitsingen will, was Fanny erstens gemacht und zweitens angefangen hat, selbst an einem Hommage-Album zu arbeiten („Rêve Encore“), aber nicht mit Liedern eines französischen (Gainsbourg), sondern eines kanadischen Idols: Daniel Bélanger. Der seinerseits (neues Album "Mercure En Mai") im gleichen Viertel zu Hause ist wie, genau, Stefie Shock, in Mile End / Montréal. Und abgesehen davon, dass sie sich kennen, machen alle drei – meine Meinung nach – sehr gute Musik, sagen wir mal „Popmusik“ …

Mit einer französischen Variante dieser „Popmusik“ ist auch Jean-Louis Murat populär geworden, in den musikalisch melancholischen frühen 90ern in Frankreich. Schnell hat er sich dann anders orientiert, in Richtung Indie-Rock (u. a. mit Gastmusikerin PJ Harvey), in Richtung Folk (mit z. B. Calexico), und immer und eigentlich in Richtung Chanson, fast jedes Jahr ein Album, immer weiter mit außergewöhnlichen, so sperrigen wie eleganten Texten, die die Melancholie nur noch im Subtext hatten, da aber sehr deutlich. Ein Musiker der Widersprüche versöhnen konnte, der viel unterwegs war, eine Fangemeine in Kanada hatte, seine Region aber, seine rauhe, abgelegene Auvergne nie wirklich verlassen hat. Ohne Frage gehörte JL Murat zu den Musikern und Musikerinnen, die das Rückgrat bildeten eines unabhängigen, eines „Indie“-Chansons in Frankreich. Murat ist  völlig unerwartet am 25. Mai 2023 in seiner Heimat gestorben.