Altin Gün – „Aşk“ (Rezension)

Von Paul Haeberlin, 5. April 2023

Cover des Albums „Aşk“ von Altin Gün

Altin Gün – „Aşk“ (Glitterbeat Records)

7,5

Ein kurzes Anzählen, ein sich überschlagender Trommelwirbel auf der Snare-Drum – es braucht nur wenige Sekunden und man ist mittendrin in der Welt von Altin Gün. Nach zwei, aufgrund der Pandemie zu Hause produzierten Alben meint man, die Freude darüber, wieder im Studio aufnehmen zu können, schon innerhalb der ersten Takte von „Aşk“ spüren zu können. Slide-Gitarre, elektrische Saz und ein hüpfender Bass verquirlen sich in der Eröffnungsnummer „Badi Sabah Olmadan“ zu einem schnell treibenden Rocksong. Thematisch ein Liebeslied, knüpft er an den Albumtitel „Așk“ (auf Deutsch: tieferes Gefühl der Liebe) an. Gleichzeitig ist er Ausgangspunkt für die neue, alte musikalische Ausrichtung des in Amsterdam beheimateten niederländisch-indonesisch-türkischen Sextetts.

„Badi Sabah Olmadan“ war bereits in einer elektronischeren und weniger fett produzierten Version auf dem Album „Âlem“ zu hören, das im Sommer 2021 erschienen war. Dieses bildete zusammen mit „Yol“ Altin Güns Hommage an den elektronischen Pop der 80er- und 90er-Jahre. Statt Wave und Disco heißt es nun wieder 70s-Folk-Rock. Und damit knüpfen Bassist Jasper Verhulst, Sängerin Merve Daşdemir, Saz-Spieler Erdinç Ecevit, Gitarrist Thijs Elzinga, Schlagzeuger Daniel Smienk und Percussionist Chris Bruining in gewisser Weise auch wieder an die ersten beiden Alben „On“ und „Gece“ an.

Zurück zum Live-Feeling

Seit „On“, dem Debüt aus dem Jahr 2018, haben Altin Gün einen einzigartigen Sound kultiviert, indem sie traditionelle türkische Standards in ihren eigenen Psychedelic-Funk übersetzen, der vor allem in seiner Live-Umsetzung mitreißend ist. „Așk“ ist nun der Versuch, die Energie der Live-Konzerte in ein Studioalbum zu übertragen. Dafür hat die Band den traditionellen Weg gewählt und mit wenigen Mikrofonen und Equipment aus den 70er-Jahren direkt auf Tonband aufgenommen.

In vielen Songs transportiert sich dieses Konzert-Gefühl überaus gut, wie etwa beim Synthie-Solo von Erdinç Ecevit in „Çit Çit Çedene“ oder dem basslastigen Space-Rock-Song „Rakiya Su Katamam“. Über das gesamte Album bleiben diese Momente jedoch vereinzelt. Vor allem neben ruhigeren und melancholischen Tracks, wie dem filigranen Groove „Leylim Ley“. Textlich basierend auf einem Gedicht des türkischen Poeten Sabahattin Ali, bringt der Song analog zu seinem Titel (übersetzt bedeutet es „La La La La La“) allerdings wenig neue Impulse. Zusammen mit verträumt-folkigen Songs wie „Güzelligin On Para Etmez“ führt das dazu, dass das nunmehr fünfte Album von Altin Gün über weite Strecken klingt wie ein träger Sommertag in sengender Hitze. Was aber auch nur konsequent ist – schließlich bedeutet Altin Gün „goldener Tag“.

Veröffentlichung: 31. März 2023
Label: Glitterbeat Records

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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