Altın Gün – „Yol“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „Yol“ von Altın Gün, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Altın Gün – „Yol“ (Glitterbeat Records)

Altın Güns Musik ist eine Begegnung. In vielerlei Hinsicht: Das niederländisch-indonesisch-türkische Sextett ließ auf seinem Debüt „On“ und dem Nachfolger „Gece“ alte Volkslieder und Obskuritäten auf eine multikulturelle Gegenwart prallen. Anatolische Standards wurden in hochpräzisen 70er-Jahre-Funk übersetzt. Wer sich von der schier telepathischen Tightness dieser Band überzeugen wollte, bekam seit dem 2018er Debüt genug Gelegenheit – Altın Gün haben sich in den vergangenen Jahren mit unzähligen Konzerten einen Namen als unantastbarer Live-Act gemacht. Sechs Musiker*innen, die in jeder Bewegung, jeder Bassdrum, jedem Saz-Ton auf die Mikrosekunde genau miteinander synchronisiert waren. Diese Musik kann eigentlich nur im organischen Zusammentreffen entstehen.

Das Konzept „organisches Zusammentreffen“ wurde im Jahr 2020 aufgrund bekannter Ursachen ziemlich auf die Probe gestellt. Nun veröffentlichen Altın Gün ihr drittes Album „Yol“. Komplett aufgenommen im Jahr 2020 und den damit verbundenen Sicherheitsvorkehrungen, ohne, dass alle Menschen jemals gleichzeitig in einem Raum waren. Wie klingt ein „Lockdown-Album“ dieser so sehr auf den gemeinsamen „Live-Moment“ ausgelegten Band?

Grenzen überwindender Wave-Pop

Ganz fantastisch. Altın Gün haben sich dafür ein paar ziemlich geniale Tricks ausgedacht, die ihre diesjährige Sammlung von abenteuerlichen Neuinterpretationen von den vorigen absetzt. „Yol“ beginnt mit einer auf 30 Sekunden komprimierten Version des türkischen Folk-Songs „Bahçada Yeşil Çınar“, das weniger nach Funk-Party, sondern mehr nach vom Hall verwaschener 80er-Jahre-Erinnerung klingt. „Ordunun Dereleri“ führt die Reise ins Schulterpolster-Jahrzehnt fort. Erdinç Ecevit singt über glitzernde Synthesizer und programmiert klingende Drumbeats. Auf „Gece“ experimentierten Altın Gün bereits mit Synth-Pop und New-Wave, doch so sehr wie hier klangen sie noch nie wie nach Duran Duran.

Die pulsierenden Arpeggios scheinen die Leerstellen zu füllen, die der vom Abstand geprägte Aufnahmeprozess hervorbrachte. Und dieser Sound steht der Band ausgezeichnet. In „Bulunur Mu“ klingt Merve Dasdemir wie Donna Summer und das Instrumental wie von Giorgio Moroder. Das mit knusprigen Handclaps angereicherte „Yüce Dağ Başında“ ist euphorische, fast schon unverschämt eingängige Disco. Umgeben von diesen kristallenen Klängen klingen auch Throwbacks an den alten „On“-Sound wie „Yekte“ frisch und neu. Distanziert ist hier gar nichts. Alles ist eine organische Begegnung.

Veröffentlichung: 26. Februar 2021
Label: Glitterbeat Records

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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