Devendra Banhart – „Flying Wig“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 25. September 2023

Cover des Albums „Flying Wig“ von Devendra Banhart, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Devendra Banhart – „Flying Wig“ (Mexican Summer)

Die platonische Liebesgeschichte zwischen Devendra Banhart und Cate Le Bon begann mit einer Gabel. Der US-amerikanisch-venezolanische Psych-Folk-Künstler und die walische Musikerin und Produzentin waren noch nicht miteinander befreundet, als Ersterer Letztere fragte, ob sie ihm die Haare schneiden könnte. Blöderweise war keine Schere vor Ort, deswegen frisierte Le Bon Banharts beachtliche Mähne mit einer Gabel. „Es war ein Scherz, doch sie nahm mich ernst“, erzählte der Musiker in einem Interview. Wie genau die das geschafft hat, verschweigt er. Doch das Ergebnis zählt. „Es tat weh, aber schuf sofort eine tiefe Bindung.“ Alles klar.

Ob dieser Ursprung der freundschaftlichen Bande etwas mit dem Titel des elften, von Le Bon produzierten Devendra-Banhart-Album „Flying Wig“ („fliegende Perücke“) zu tun hat, bleibt offen. Dazu gibt er keine Auskunft. Was aber sofort spürbar ist, dass sich hier zwei sich symbiotisch ergänzende musikalische Seelen gefunden haben. „Flying Wig“ ist Banharts vitalstes Album seit langem, vielleicht sogar seit den psychedelischen Folk-Wundertüten, die ihn in den Nullerjahren zum Freak-Folk-Aushängeschild machten.

Melancholische Massage

Diese Vitalität zeigt sich aber nicht in Sturm und Drang, sondern im Gegenteil – in einer pulsierenden Gelassenheit. „Ma“, Banharts 2019 erschienene letzte Platte, war bereits eine ziemlich ruhige Angelegenheit. Doch im Vergleich zu den damaligen Yacht-Rock-Grooves und Golden-Hour-Vibes taucht er für „Flying Wig“ tief in Le Bons Klangozean ein. Synthesizer rauschen, die E-Gitarren wabern, der (direkt an Le Bons Soloalben erinnernde) Fretless-Bass blubbert. Nur Banharts Stimme erreicht klar und ungefiltert den Gehörgang. Das Album beginnt mit der sich genüsslich über fast sechseinhalb Minuten ausdehnenden Meditation „Feeling“, ein musikalisches Bindeglied zwischen dem Unterwasser-Krautrock von Cans „Future Days“, dem Ambient-Pop von Brian Enos „Another Green World“ und dem verträumten Shoegaze von Slowdive.

Diese Gelassenheit zieht sich auch durch die weniger ausgestreckten Stücke, wie das bis zum Rand mit catchy Melodien beladene „Nun“, die transzendentale Ballade „Charger“ oder das mit seufzenden Slide-Gitarren verzierte „Fireflies“. Und wenn in „Sirens“ oder in „Twin“ die verzerrten E-Gitarren hereinbrechen, tun sie das nicht wie ein Donnerschlag, sondern wie eine Welle am Pazifikstrand. Diese meditative Grundstimmung ist natürlich kein Zufall. Wie auch bereits sein 2007er Freak-Folk-Standardwerk „Smokey Rolls Down Thunder Canyon“ wurde das Album in einer entlegenen Hütte inmitten des malerischen Topanga State Park in Süd-Kalifornien aufgenommen. Hier fanden Banhart und Le Bon einen Sound, den sie selbst als eine „melancholische Massage“ beschreiben. Wie wahr!

Veröffentlichung: 22. September 2023
Label: Mexican Summer

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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