Die Musikmaschine – Zum fünften Todestag von Robert Moog


Riesige Maschinen mit unzähligen Knöpfen und Reglern, die von Männern in weißen Kitteln bedient werden, um ihnen mysteriöse Geräusche zu entlocken. So sahen die ersten Synthesizer aus. In Universitätslaboren entwickelt, wusste zunächst niemand so recht, was mit dieser technischen Spielerei anzufangen war.
Dass dieses Gerät einmal ein Instrument werden könnte, welches die Produktion, den Klang von Musik sowie unsere Hörgewohnheiten radikal verändern würde, konnten sich die Wissenschaftler vermutlich nicht vorstellen.

Erst Robert „Bob“ Moog machte den Synthesizer einer breiten Masse als Musikinstrument zugänglich.
Schon als Kind bastelte der hochbegabte Junge, der wegen seiner Intelligenz von den Mitschülern oft verprügelt wurde, mit seinem Vater in der Garage an elektronischen Geräten. Seine Mutter hingegen gab ihm Klavierunterricht, in der Hoffnung, er würde Konzertpianist werden. Es kam anders. Mit 19 Jahren verkaufte Robert Moog mit seiner eigenen Firma Do-it-yourself-Bausätze für Theremins – jenes merkwürdige Instrument, das durch elektronische Spannung zwischen zwei Antennen Töne erzeugt. Das Geschäft lief gut und ermöglichte Moog, der mittlerweile Elektrophysik studierte, die Arbeit an weiteren Projekten.

Inspiriert von den Vorschlägen des Komponisten Herbert Deutsch, der ihn auf einer Konferenz angesprochen hatte, baute Moog 1964 den ersten spannungsgesteuerten Synthesizer. Dieser war im Gegensatz zu den klobigen Vorgängern kleiner, billiger und vor allem benutzerfreundlicher. Die Bedienung mittels Klavierkeyboard und zwei Rädchen wurde zum Standard. In einem Interview aus dem Jahr 2000 beschrieb Moog den Unterschied folgendermaßen: „Es ist mehr wie das Fahren eines Autos, als das Ziehen eines Wagens.“ Trotzdem interessierten sich nur einige Experimental-Musiker und Wissenschaftler für das Instrument, selbst Hollywood erkannte zunächst nicht das große Potential des Geräts für Toneffekte.

Erst 1967, als Robert Moog den Synthesizer beim Monterey Pop Festival vorstellte, wurden vermehrt Musiker darauf aufmerksam. Im selben Jahr erschien das Album „Switched-On Bach“, auf dem Walter (nach einer Geschlechtsumwandlung Wendy) Carlos, später für den Soundtrack zu Clockwork Orange bekannt, Stücke von Johann Sebastian Bach auf einem Moog System nachspielt. Es wurde das meist verkaufte klassische Album aller Zeiten und gewann drei Grammys.

Auch in die Popularmusik hielten elektronische Klänge Einzug. Zu den ersten Bands, die Moogs Synthesizer verwendeten, gehörten die Doors („Strange Days“), die Rolling Stones („Their Satanic Majesties Request“) und die Beatles („Abbey Road“). Sun Ra führte die neue Technik in den Jazz ein und auch Stevie Wonder ließ sich in den 70ern auf einigen Alben verstärkt von einem Moog Synthesizer begleiten. Die neuartigen elektronischen Töne wurden aber noch sehr vorsichtig eingesetzt, mehr als Ergänzung zum gewohnten Arrangement, denn als eigenständige Klangelemente.

Anders bei einer Reihe von Alben, die in den 60ern und 70ern erschienen und alle irgendwie das Wort Moog im Namen trugen („Country Moog Classics“, „Exotic Moog“, „Music To Moog By“ etc). Inspiriert vom Erfolg von „Switched-On Bach“ stand bei diesen der Moog Synthesizer als alleiniges Instrument im Zentrum. Gespielt wurden damit kitschige Coverversionen von Klassikern des Pop, Rock und Country. Angesichts dieser akustischen Hässlichkeiten schien die Frage, die ein Journalist Robert Moog einmal in einem Interview stellte, fast berechtigt: „Herr Moog, fühlen sie sich nicht schuldig für das, was sie getan haben?“ Er bezog sich jedoch mehr auf die weit verbreitete Meinung, dass Musik, die nicht aus einem Holz-, Messing-, oder Saiteninstrument herauskam, unnatürlich und deshalb falsch, ja sogar schädlich sei. Dieser Vorwurf ärgerte Robert Moog so sehr, dass er auf dem Rückweg von der Konferenz sein Auto prompt gegen den Randstein setzte, wie er in einem Dokumentar-Film von 2004 schmunzelnd erzählte.

Den Durchbruch schaffte Moogs Firma 1970 durch die Entwicklung des „Minimoog“, dem ersten portablen Synthesizer, der zudem auch noch halbwegs erschwinglich war. Quer durch alle Genres wurde der Minimoog verwendet. Neue elektronische Musikrichtungen entstanden, in denen der Synthesizer als vollwertiges, ernstzunehmendes Instrument behandelt wurde. Nu Age, Krautrock, Disco und ab den 80er Jahren HipHop, Synthiepop und die Anfänge des Techno seien hier nur als Beispiele genannt.

Moog war bald nicht mehr der einzige Hersteller von Synthesizern und die digitale die analoge Technik zu verdrängen. Sein Name blieb aber weiterhin ein Synonym für das Instrument. Unzählige Bands, Alben und Songs sind nach dem Moog benannt, so zum Beispiel die „Dark Side Of The Moog“-Serie von Klaus Schulze und Pete Namlock, für die ein riesiges Synthesizer-System gebaut wurde.
Auch die Band Prodigy hat sich nach einem Gerät der Firma Moog benannt, dem „Moog Prodigy“. Dieser wurde 1979 als kostengünstigere Version des „Minimoog“ auf den Markt gebracht. Bob Moog war daran aber nicht mehr beteiligt, denn nach der Übernahme seiner Firma durch Norlin Music verließ er Moog Music aufgrund von persönlichen Differenzen mit dem Managment.
Moog war kein gerissener Geschäftsmann, dafür ein Visionär und Tüftler, der seine Geräte immer in enger Zusammenarbeit mit den Musikern entwickelte und nach ihren Wünschen formte. Er verstand sich selbst dabei als Ingenieur, als Werkzeugbauer und die Musiker als seine Kunden, die diese Werkzeuge benutzten.

Er gründete Big Briar, deren Spezialität die Herstellung von Effektmodulen, neuen elektronischen Instrumenten und Theremins war. Als Moog Music 1993 Konkurs ging, durfte Robert Moog seinen eigenen Namen trotzdem nicht wieder als Trademark benutzen. Erst 2002 gelang es ihm nach einem langen Rechtsstreit, das Label Moog zurückzukaufen. Tragischerweise wurde Robert Moog 2005 ein Gehirntumor diagnostiziert, an dem er wenig später starb. Die letzten Monate seines Lebens dokumentierte er auf der Internet-Plattform CaringBridge. Nach seinem Tod gründete seine Familie die Moog Foundation, deren Ziel es ist, das Erbe des „Vaters des Synthesizers“ zu bewahren und weiter zu tragen. Ein Moog Museum wurde gebaut und verschiedenste Programme fördern Kinder und Jugendliche im Umgang mit elektronischen Musikinstrumenten.

Bis heute schätzen unzählige Musiker den warmen, vollen Sound des Moogs, der vor allem durch die darin eingebauten Filter entsteht. Die Firma Moog Music stellt nach wie vor analoge Synthesizer und Effektgeräte her, die dank Plug Ins und Software auch in der digitalen Musikproduktion verwendet werden.

Heute jährt sich der Todestag von Robert „Bob“ Moog zum fünften Mal. Im ByteFM Magazin zwischen 15 und 17 Uhr liefert Patrick Ziegelmüller die Hörbeispiele zum Artikel.

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