(Sub Pop)
8,0
Ein kalter, nebliger Januar-Abend in London (wo sonst?), der Zug hält nicht wie vorgesehen am Bahnhof London Bridge, sondern fährt geradewegs zur nächsten Station. Sie steigt aus und verpasst ihre Chorprobe, er steigt aus und findet endlich eine Sängerin für seine Band – ist das Leben nicht schön? Der Texaner Greg Hughes und die Londonerin Tessa Murray geben diese Geschichte ihrer Zufallsbegegnung, die vor einigen Jahren stattfand, in Interviews immer wieder gerne zum Besten. Schließlich stellt sie ein entscheidendes Mosaiksteinchen für das Zustandekommen ihres musikalischen Projekts Still Corners dar.
Im Sommer des Jahres 2008 erlangten Still Corners dann erste Aufmerksamkeit mit ihrer in Eigenregie veröffentlichten 6-Track-EP „Remember Pepper?“, wohl auch wegen der unüberhörbaren Anklänge an die frühe Musik der Band Broadcast, deren Sängerin Trish Keenan zu Beginn dieses Jahres leider den Folgen einer Lungenentzündung erlag. „Remember Pepper?“ wurde seinerzeit lediglich in einer Auflage von 300 CDs gefertigt, und der Verfasser schätzt sich glücklich, eines dieser Exemplare sein Eigen zu nennen.
Drei Jahre (und wenige Singles) später, und mit dem Gitarristen Leon Dufficy sowie dem Bassisten Luke Jarvis inzwischen zur Band angewachsen, haben Still Corners für ihr Debütalbum „Creatures Of An Hour“ nun beim amerikanischen Plattenlabel Sub Pop eine Heimstatt gefunden. Der mit reichlich Hall versehene Sound ihrer Musik ist nach wie vor sehr Sixties-inspiriert, und auch die weniger verschrobenen Momente von Broadcast bleiben weiterhin eine lose Referenz. Der helle, gehauchte Gesang von Tessa Murray lässt die Songs von Still Corners allerdings ungleich leichter und poppiger wirken. Von dem ziemlich süßlich geratenen „The White Season“ einmal abgesehen, ist es jedoch dem Songwriting von Greg Hughes zu verdanken, dass aus der Leichtigkeit keine Beliebigkeit erwächst.
Zehn Songs mit einer Gesamtlänge von lediglich 32 Minuten sprechen eine ziemlich deutliche Sprache und unterstreichen den Pop-Charakter dieses Albums. Trotz eines dichten Klangbildes sind die Arrangements nämlich durchaus minimalistisch. Hughes kommt auf den Punkt und widersteht dabei der Versuchung, seine Musik in ätherische Sphären abdriften zu lassen. So bildet beispielsweise in „Endless Summer“ die am Ende des Songs eingesetzte Gitarre einen wunderbaren Kontrast zu dem lieblichen Gesang Murrays, und sowohl die Basslinie als auch die schlichten Gitarrenmelodien in „Submarine“ zeugen von einer gewissen Erdung.
Es ist schon ein bisschen schade, dass „Creatures Of An Hour“ sich – wie es scheint – ein wenig unterhalb des Radars bewegt. Angesichts der hier versammelten Pop-Perlen hätte das Debütalbum von Still Corners jedenfalls eine größere Aufmerksamkeit verdient.
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