Bleached – „Don’t You Think You’ve Had Enough?“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 15. Juli 2019

Cover des Albums „Don't You Think You've Had Enough?“ von Bleached

Bleached – „Don’t You Think You’ve Had Enough?“ (Dead Oceans)

„Glaubst Du nicht, Du hattest genug?“ Ein Satz, mit dem Eltern ihre Kinder gerne zur Mäßigung aufrufen, wenn diese sich über die zweite Tafel Schokolade hermachen. Von den Eltern mag das fürsorglich gemeint sein, doch für das Kind ist es im Moment des Genusses eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Dass süße und schnell glücklich machende Substanzen in der Regel ungesund sind, ist eine der härteren Lektionen, die man im Leben lernen muss. Auch Jennifer Clavin, Sängerin, Gitarristin und Songwriterin der Band Bleached kam nicht drumherum.

„Trinken war der einzige Weg, den ich kannte, um die Angst zu überwinden“, sagte Clavin, bis sie zu dem Entschluss kam, dass sie genug hatte. Die US-amerikanische Musikerin, die gemeinsam mit ihrer Schwester Jessica seit 2011 unter dem Namen Bleached endorphinschwangere Grunge-Pop-Hits schreibt, erschuf ihr drittes Studioalbum im Zustand kompletter Nüchternheit. Der Titel: „Don‘t You Think You’ve Had Enough?“. Es ist das bisher furchtloseste Album der Band aus Los Angeles geworden.

Triumph der Nüchternheit

Furchtlos sind zunächst einmal die Texte. Ob sie in „Real Life“ über vergangene Fehler reflektiert oder in „Somebody Dial 911“ den Start einer neuen Liebe mit einem Drogenrausch gleichsetzt, der schlussendlich zum gleichen selbstzerstörerischen Ende führt: Clavin zielt genau dahin, wo es wehtut. Und ist dabei nie bitter, auch wenn sich die Texte manchmal so lesen: „Some things are meant to die“, singt sie in „Kiss You Goodbye“ – und klingt dabei nicht resignierend, sondern weise. Und ein bisschen triumphal.

Und auch die Musik von Bleached ist auf ihre eigene Art und Weise furchtlos. Auf „Don‘t You Think You’ve Had Enough?“ haben die Clavin-Geschwister keine Angst vorm Pop: „Hard To Kill“ und „Kiss You Goodbye“ sind federleichter Disco-Punk. „Somebody Dial 911“ könnte aus der Bubblegum-Phase von The Cure stammen (kein Zufall, dass sich Clavin in „Hard To Kill“ auf „Friday I‘m In Love“ bezieht). Mit „Shitty Ballet“ haben Bleached sogar eine waschechte Akustikgitarren-Ballade geschrieben, die jedoch mit wunderbar verzerrter Katharsis endet. Und wenn die Schwestern im Opener „Heartbeat Away“ die Grunge-Keule auspacken, ist diese ummantelt von großen Melodiebögen. Ihre Hooks sind süßlich und unwiderstehlich, ohne zu kleben oder ein Völlegefühl zu verursachen – so wie die richtige Dosis Schokolade.

Veröffentlichung: 12. Juli 2019
Label: Dead Oceans

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Jamie xx – „In Colour“ (Album der Woche)
    Dance-Musik macht Jamie xx glücklich. Mit seinem Debütalbum "In Colour" gibt der 26-Jährige ein Stück von diesem Glück weiter. "In Colour" ist ein in vielen Farben schillerndes House-Dubstep-Amalgam. Soundschnipsel aus Jungle-Dokus und hochkarätige Gäste treffen auf pluckernde Arpeggios, dröhnende Synths und lässige Beats....
  • Cover des Albums Yes Lawd! von NxWorries
    Knxwledge bastelt lässige Samples à la Madlib, Anderson .Paak rappt locker und mit viel Soul darüber. Ein paar uneilige Beats dazu – fertig ist „Yes Lawd!“, das Debüt der HipHop-Kollaboration mit dem Namen NxWorries....
  • Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)
    Mit "Desintegration" schauen Klez.e zurück ins Jahr 1989. Das Album ist eine Hommage an ihre Jugend und an damals wie heute vergötterte Wave-Bands wie The Cure, die Schwermut so schön in Musik verpackten....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.