Good Sad Happy Bad – „All Kinds Of Days“ (Textile Records)
Auf „All Kinds Of Days“, dem zweiten Album von Good Sad Happy Bad, hören wir ein Liebeslied an eine Windkraftanlage. „You have the presence of an eagle“, sprechsingt Schlagzeuger Marc Pell aka Suitman Jungle, „but the strength of bricks.“ Im Hintergrund spielt Mica Levi ein bedrohliches Bass-Riff, während CJ Calderwood das Saxofon in unruhigen Schleifen kreisen lässt. Doch Pells Stimme ist ruhig, fast schon trocken. Und lässt eine ehrliche Bewunderung durchscheinen, für diesen grauen sanften Koloss: „When my day is hard, you just keep on giving / It’s hard to believe, that you are not living.“
Dieser Song namens „Turbine“ steht exemplarisch für ein Album, auf dem die vier Musiker*innen das Existenzialistische im Banalen finden. „Every single day“, singt Raisa Khans weiche Stimme in „Twist The Handle“ im Loop, während Calderwood die tägliche To-do-Liste herunterrappelt. „Stir the pot / Chop the vegs / Break something / Weather the storm / Eternally.“ Good Sad Happy Bad sind natürlich nicht die Ersten, die das tun. Doch gerade im Vergleich zu thematisch verwandten Gen-X-Kultfilmen wie „Fight Club“ oder „Trainspotting“ tun sie das nicht mit Aggression und Verzweiflung, sondern mit Sanftmut.
Liebevoll banal
Das pumpende Herz dieser Musik ist, wie schon auf dem transzendentalen Debüt „Shades“, die Gitarre. Levi, selbst verantwortlich für einige der verstörendsten Soundtracks der vergangenen Zeit und das überexpressive Chaos der Vorgängerband Micachu & The Shapes, lässt das Instrument in verschiedensten Formen und Farben ertönen. Mal an den betongrauen Post-Punk von Bands wie This Heat oder Mission Of Burma („Shaded Tree“) erinnernd, oder an Ambient-Klangwolken à la The Durutti Column („After.Spirit“, „Irresistible“), nur um dann plötzlich in herrlichen Punk in der Tradition von Wire loszupreschen („Lonely Well“). Levi arbeitet, dem grundlegenden Thema des Albums entsprechend, viel mit Wiederholung – und jeder Loop ist aufs Neue spannend.
Im Kontrast zu Levis explorativer Gitarrenarbeit steht Khans Gesang, der in konstanter Ruhe durch dieses Album führt. „I know it can’t be rushed, so I slow down“, singt sie im Abschluss „Find My Way“. Nachdem Calderwoods Erzähler sich im hektischen „DIY“ im Selbstoptimierungswahn verliert, beschreitbt sie in „Mirror Mirror“ eine weitere existenzielle Krise: Die Angst, genauso zu werden wie die eigenen Eltern. Aber nicht mit Panik, sondern mit einem verständnisvollen, liebevollen Lachen. „All Kinds Of Days“ ist kein Album mit einfachen Lösungsvorschlägen für komplexe Probleme. Sondern eine neugierige Erforschung der verschiedenen Facetten des spätkapitalistischen Alltags.
Veröffentlichung: 8. November 2024
Label: Textile Records