Khruangbin – „A La Sala“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 8. April 2024

Cover des Albums „A La Sala“ von Khruangbin, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Khruangbin – „A La Sala“ (Dead Oceans)

Was macht ein Wohnzimmer zu einem Wohnzimmer? Ist es das zum Fläzen einladende Sofa? Das Bücherregal, der Plattenspieler, der Fernseher? Vielleicht sogar ein angenehm warm knisternder Kamin? Oder ist es gar nichts Spezifisches, sondern einfach ein Gefühl von Gemütlichkeit? Ein Raum ohne bestimmten Zweck, nicht zum Schlafen, Essen oder Waschen. Sondern nur zum Innehalten. Zum Zusammen- oder Alleinsein.

Khruangbin hatten für ihre vierte LP viel vor. Doch eine Mission stand für das texanische Trio ganz weit oben: Mit „A La Sala“ wollten sie ein Album erschaffen, das wie ein Wohnzimmer klingt. „Wenn ich mein Schlagzeug in einem Wohnzimmer aufbauen würde“, erklärt Drummer Donald „DJ“ Johnson, „dann würde ich es anders spielen, als in einer Arena. Das ist ein besonderer, heimeliger Ort.“ Mit Arenen und Festival-Bühnen kennen Khruangbin sich mittlerweile ziemlich gut aus. Johnson und seine Mitmusiker*innen, Gitarrist Mark Speer und Bassistin Laura Lee, sind die möglicherweise ungewöhnlichsten Rockstars ihrer Generation. Drei ganz und gar nicht extrovertierte Musiknerds, die zwar extrem tighte, aber sehr zurückhaltende Groove-Musik spielen, die ihre Köpfe unter Perücken versteckt – und damit Stadien füllen können.

Ein Album wie ein Wohnzimmer

„Mordechai“, ihre 2020 veröffentlichte letzte offizielle LP (die Vieux-Farka-Touré-Kooperation „Alí“ ausgenommen), war die Platte, auf der sich Khruangbin am meisten dieser Rockstar-Realität angepasst hatten. Im Vergleich zu ihrem größtenteils instrumentalen Frühwerk gab es viele gesungene Hooklines, wie im unausweichlichen Hit „Time (You & I)“. Die Songs waren mit allerlei Gastbeiträgen von externen Musiker*innen aufgepusht. Es handelte sich bei „Mordechai“ aber um keine Rockshow. Es war immer noch ein Khruangbin-Album, mit geschmackvollen Grooves und eleganter Zurückhaltung. Doch alles war ein bisschen größer. Ein bisschen mehr.

Mit „A La Sala“ kehren Khruangbin nun zu ihren Wurzeln zurück. Die zwölf Songs wurden ausschließlich von Speer, Lee und DJ eingespielt. Live in einem Raum, mit nur minimalen Overdubs und ein paar zwitschernden Field-Recordings. Nur ein Viertel der Songs kommt mit Gesangsparts daher. Und wenn gesungen wird, wie in „Pon Pon“, dann lassen Lee und Speer ihre Stimmen am Mikrofon vorbeizischen. Als würden sie sonst zu sehr von den zeitlosen Rhythmen ablenken, die im Zentrum dieser Stücke sanft pulsieren. Leerstellen werden bewusst leer gelassen, wie im beatlosen Gitarren- und Synthesizer-Duett „Caja de la Sala“ oder dem zarten Outro „Les Petits Gris“, das wie eine Mischung aus khruangbinschem Tropicália-Funk und dem Minimalismus eines Erik Satie klingt. Der Sound von „A La Sala“ ist zurückgelehnt und mysteriös.

Goldglänzendes Gezupfe

Und extrem flauschig. DJs Kickdrums und Lees Bass massieren sanft das Zwerchfell. Speer spielt nicht wie gewohnt seine Genregrenzen ignorierenden Funk-Figuren, sondern einige der schönsten Gitarren-Skulpturen der bisherigen Khruangbin-Diskografie, vom goldglänzenden Gezupfe in „May Ninth“ bis zu den sich genüsslich ausdehnenden Soli von „Three From Two“. Der Titel des Albums, „A La Sala“, ist der spanische Ausruf, den Lee in ihrer Kindheit benutzte, um ihre Familie zusammenzubringen. „Kommt ins Zimmer!“ Das ist die Geschichte, die Khruangbin auf dieser LP erzählen: von drei Menschen, die in einem Raum wieder zueinanderfinden.

Veröffentlichung: 5. April 2024
Label: Dead Oceans

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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Diskussionen

1 Kommentar
  1. posted by
    Mario
    Apr 11, 2024 Reply

    Wirklich extrem flauschig! Ich war erst etwas enttäuscht, aber ich glaube, das Album ist ein ziemlicher Grower in seiner unaufdringlichen Art. Kommt insbesondere über die heimische (Wohnzimmer-)Anlage sehr gut.

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