Kim Deal – „Nobody Loves You More“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 25. November 2024

Cover des Albums „Nobody Loves You More“ von Kim Deal

Kim Deal – „Nobody Loves You More“ (4AD)

Kim Deal kann schon vor dem Release ihres ersten Soloalbums auf eine überaus beeindruckende Karriere zurückblicken. Gehört die US-Amerikanerin doch beispielsweise gemeinsam mit ihren Bandkolleg*innen von The Breeders zu den wenigen Musiker*innen weltweit, die sowohl Nirvana als auch Olivia Rodrigo auf Tour supportet hat. Kurt Cobain nannte das 1990er Breeders-Debüt „Pod“ eines der besten Alben aller Zeiten, während Gen-Z-Star Rodrigo sie als „coolste Person der Welt“ bezeichnete. Besser kann man die Magie dieser Künstlerin nicht beschreiben, die zwar nie ein Pop-Star war, aber doch Künstler*innen mehrerer Generationen verzaubert hat.

Schon als Bassistin ihrer Durchbruchsband Pixies spielte sie betörend schlichte Figuren, die nach dem ersten Hören direkt in die eigene DNA übergehen. Bassläufe wie in „Gigantic“ oder „Hey“ klingen sofort altbekannt, auch wenn man sie zum ersten Mal hört. Mit The-Breeders-Platten wie „Pod“ oder „Last Splash“ perfektionierte sie diese unaufdringliche Catchiness. Ein Kim-Deal-Song wirkt nie angestrengt, sondern auf charmante Art und Weise selbstverständlich. Sie war und ist eine der lässigsten Künstlerinnen der Rock-Musik.

Lässigkeit und Verletzlichkeit

Und wird das auch so bleiben, wie das nun veröffentlichte Solodebüt der 63-Jährigen andeutet. „Nobody Loves You More“ beginnt mit dem Titelsong in ungewohntem Terrain. Ein Instrumental, das auch einen Crooner der 60er-Jahre begleiten hätte können. Mit nostalgischen Streichern und melancholischen Mariachi-Bläser-Fanfaren. Deal macht sich diesen unbekannten Boden sofort zu eigen: „I don’t know where I am / And I don’t care“, singt sie. Nicht gecroont, sondern mit der schnodderigen Leichtigkeit, die man von ihr gewohnt ist.

Solche akustischen Experimente machen schnell klar, warum „Nobody Loves You More“ keine Band-Platte geworden ist (obwohl Breeders-Mitglieder wie ihre Schwester Kelley und Jim Macpherson trotzdem mitgewirkt haben). Auf Solopfaden ist Deal befreiter und kann so durch die Musikgeschichte schlendern, wie es ihr beliebt: Und ihr Weg führt sie über Bacharach-Sixties-Pop wie in „Summerland“, Lap-Steel-Guitar-Country („Are You Mine?“) oder an The Velvet Underground erinnernden Art-Pop („Wish I Was“).

Auch die lauten Songs sind weit entfernt vom Pixies– oder Breeders-Kosmos: „Crystal Breath“ ist von verzerrten Synths angetriebener Dance-Punk, während das halsbrecherische „Big Ben Beat“ als aggressiver Noise-Rock-Song daherkommt. „Nobody Loves You More“ ist wahrlich kein stringentes Album, doch Deal hat mit jeder neuen Exkursion spürbar Spaß. „I go where I want / While I’m still on the planet“, singt sie in „Disobedience“.

Bei aller Spielfreude fällt erst beim zweiten Hören auf, dass es sich hier um eine sehr tragische Songsammlung handelt. Der Tod wirft tiefe Schatten auf „Nobody Loves You More“: Deal verlor innerhalb eines Jahres beide ihrer Eltern sowie einen Onkel und eine Tante. Große Teile des Albums wurden von einer weiteren von Deal beeindruckten Ikone aufgenommen, Produzenten-Legende Steve Albini, der ebenfalls 2024 an einem Herzinfarkt starb. Der Songtitel „Are You Mine?“ ist eine Frage, die ihre an Alzheimer erkrankte Mutter immer wieder stellte. „Let me go / Where there’s no memory of you“, heißt es herzzerreißend weiter. Es ist mehr als nur ihre Lässigkeit, die Kim Deal zu einer Ikone macht. Sondern auch ihre Verletzlichkeit.

Veröffentlichung: 22. November 2024
Label: 4AD

 

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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