Girl Ray – „Earl Grey“ (Album der Woche)

Cover des Albums Earl Grey von Girl RayGirl Ray – „Earl Grey“ (Moshi Moshi)

Weder Trap-Beats noch „Millennial Whoop“, weder Psychedelia-Riffs noch samplegesättigte Pop-Melodien – die Songs von Girl Ray besitzen keines dieser angesagten Merkmale. Aber ums Angesagt-Sein geht es auch gar nicht. Gesang, Gitarre, Schlagzeug, Bass, ab und an noch ein paar Keyboard-Sounds – das reicht für Girl Ray aus, um Lieder zu schreiben, die einfach und einfach schön sind. Die Band aus London hat sich einem charmanten Lo-Fi-Sound verschrieben, der Erinnerungen an die Hochzeit von britischem Indiepop in den 80er-Jahren weckt, an Marine Girls oder Dolly Mixture.

Die Geschichte von Girl Ray hätte das Zeug zu einem goldig-coolen Coming-of-Age-Film. Poppy Hankin und Iris McConnell lernten sich in ihrer Schule im Norden von London kennen. Was sie verband, war eine geteilte Ablehnung dessen, was die meisten ihrer Klassenkameradinnen toll fanden. „I thought I was cool and that Poppy was cool so I thought we should be friends“, sagt die Schlagzeugerin McConnell ganz trocken über den Beginn der Freundschaft. Anfangs gingen ihre Songs noch in alle möglichen Richtungen, streiften auch mal Ska. Erst mit der Bassistin Sophie Moss kam es zum Girl-Ray-Sound.

Nach einigen Singles auf dem Londoner Label Moshi Moshi erscheint dort nun „Earl Grey“, das Debütalbum von Girl Ray. Darauf singen sie von all den bekloppten Dingen, die man manchmal anstellt, um einem Crush näherzukommen – zum Beispiel sich in Filme vertiefen, die die Person mal beiläufig erwähnt hat („Stupid Things“). Oder davon, sich selbst in einen anderen Menschen zu verändern und damit zu fremdeln („Where Am I Now“).

Die Songs auf „Earl Grey“ drehen sich um klassische „Dear-Diary“-Themen, wie Girl Ray selbst sagen. Die Band verpackt diese in angenehm schummrige Melodien, gehauchte Strophen, eingängige Rhythmen und Gitarren-Harmonien mit melancholischen 70er-Folk-Anleihen. „Earl Grey“ klingt nach einem Sommer voller Melancholie und bester Freundinnen – zartbitter, ein bisschen schläfrig und unschuldig, und dabei ziemlich lässig.

Veröffentlichung: 4. August 2017
Label: Moshi Moshi

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