(Kompakt)
Wer? Was? Warum? ByteFM Redakteure besprechen eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen.
Wer? 2010 bekam das Kölner Label Kompakt Zuwachs durch die in London lebenden Musiker Alessio Natalizia und Sam Willis, die in gemeinsamer Sache unter dem Namen „Walls“ agieren. Das selbstbetitelte Debüt klang schon nach „Chillwave“, bevor der Genre-Begriff geprägt und entsprechend ausgereizt wurde: Leicht psychedelisch, mit Anleihen beim 80er-Shoegaze und New Wave und wie der Name impliziert: unangestrengt, fast hypnotisch und irgendwie entspannend. Eher was zum Kuscheln. Zu den Fans des Walls Debüts gehörten unter anderem Jamie XX, die Battles, Caribou oder James Holden. Nun erscheint mit „Coracle“ das zweite Album „Coracle“ bei Kompakt. Coracle stammt aus dem Walisischen und bezeichnet ein „sehr kleines kielloses Boot“, ein wenig wie eine Walnussschale.
Was? „Into Our Midst“ heißt der erste Track, der so klingt, als nähere er sich langsam aus der Ferne an, als müsse er sich erst den Weg durch eine Soundlandschaft bahnen, um sich langsam Schicht auf Schicht zusammenzusetzen. Musik wird hier in ihre Bestandteile zerlegt. Die Stimme wird als Instrument eingesetzt – hypnotisch repetitiv. Ein leiser Beat begleitet das Ganze. Mit „Heat Haze“ geht es ätherisch weiter. Das Stück erinnert an die sphärischen Klänge des deutschen Musikers Ulrich Schnauss. „Sunporch“ kommt da schon bestimmter daher. Wiedermal wird die Stimme als Instrument eingesetzt und in viele kleine Loops zerteilt, die immer wieder verhallen. In der Wiederholung liegt die Kraft. Dadurch werden die Soundschnipsel immer dichter und gewinnen an Fläche, die von einem knarzigen Beat eingefangen wird. Bevor sich „Sunporch“ aber zum Tanzflächenfüller entwickelt, wird der Song gebremst. „Il Tedesco“ bittet da schon viel mehr zum Tanz, will aber auch nicht so recht durchstarten. Das ist nicht Techno, das ist kein Pop. Wir befinden uns in einer Zwischenlandschaft. Wie in einem Experimentierlabor für Musik kann der Hörer immer wieder neue kleine Feinheiten, Töne und Teilchen entdecken. „Raw/Umber Twilight“ ist der vielleicht schönste Song des Albums. Die ersten Takte erinnern an Pantha Du Prince. Hier versammeln sich Gitarre und Schlagzeug um einen sanften Beat. Auch das Xylophon, das schon auf dem ersten Album zum Einsatz kam, ist mit von der Partie. „Ecstatic Truth“ und „Drunken Galleon“ bilden den Abschluss und entlassen den Hörer in eine Traumwelt.
Warum? Walls zu hören gleicht mehr einer Lektion in Musikwahrnehmung als dem Hören eines durchschnittlichen Albums. Es gibt viel zu entdecken auf „Coracle“: Das Album steckt voller wunderschöner Sound-Landschaften, so fluffig wie die rosa Wolke auf dem Cover – dabei klingt jeder Song völlig einzigartig.
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