Darkstar – „Civic Jams“ (Warp Records)
Wie feiert man in Krisenzeiten? Das Jahr 2020 gibt bisher auf diese Frage eine ziemlich klare Antwort: Gar nicht. Rave war schon immer Eskapismus. Für ein paar (oder sehr viele) Stunden der grausamen Welt entfliehen und mit einer euphorisierten Menge verschmelzen. Das ist nun für lange Zeit – aus gutem Grund – unmöglich.
Als James Young und Aiden Whalley das vierte Album ihres Projekts Darkstar ausbrüteten, wollten sie eine LP über genau diesen Eskapismus produzieren. „Wir wollten diese Brüche und dieses Nebeneinander unter die Lupe nehmen“, sagten die beiden Briten über „Civic Jams“. „Wie komfortabel man sich fühlen kann, obwohl wir doch in einer von Klaustrophobie geprägten Zeit leben, in der massive politische und kulturelle Umbrüche stattfinden.“ Über den tröstenden Zufluchtsort Kneipe. Über das Tanzen, während draußen die Welt brennt. Doch dann kam die Pandemie – und alles wurde anders.
Traumtanzmusik
Glücklicherweise funktioniert die Musik von Darkstar auch außerhalb des Rave-Kellerlochs. Ihre Tracks sind genauso von House und UK-Garage beeinflusst wie von Shoegaze und Dream-Pop. Ähnlich wie ihr Landsmann Burial produzieren Young und Whalley Musik, die im Wohnzimmer genauso gut klingt wie im Club. „Civic Jams“ beginnt und endet mit Ambient-Meditationen, gefüllt mit geisterhaften „Uuuh“-Chören und Synthesizern, die sich wie eine warme Decke an den Körper schmiegen.
Und auch wenn Darkstar losballern, tun sie das sehr sanft. Die verschleppten Beats von „Jam“, „Wolf“ oder „30“ laden vor allem zum Traumtanzen ein. Musikalisch klingen diese Tracks mehr wie der Afterglow, theoretisch wären sie ein perfekter Soundtrack zum leicht verstrahlten Nach-Hause-Spazieren in den frühen Morgenstunden. Diese introvertierte Tanzmusik funktioniert auch ohne die euphorisierte Menge. Und passt damit wunderbar in eine Zeit, in der es nichts zu feiern gibt.
Veröffentlichung: 19. Juni 2020
Label: Warp Records