Bobby Oroza – „Get On The Otherside“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 13. Juni 2022

Cover des Albums „Get On The Otherside“ von Bobby Oroza, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Bobby Oroza – „Get On The Otherside“ (Big Crown Records)

Dass Liebe wichtiger als Geld ist, hört man ziemlich oft im Radio. „I ain’t got cash / But I’ve got you baby“, sang zum Beispiel Sia 2016 in „Cheap Thrills“ und zitierte dabei Sonny & Chers Evergreen „I Got You Babe“. The Beatles wussten auch schon ein halbes Jahrhundert vor Sia, dass sich Liebe nicht kaufen lässt. Die Romantisierung von Armut scheint fest mit der Pop-Musik verbunden zu sein. Welch poetische, tiefgründige Statements, geschrieben aus der Perspektive von Multi-Millionär*innen. Angesichts der tatsächlichen Lebensrealität von Menschen, die unterhalb des Existenzminimums leben, ist dieser Pseudo-Working-Class-Kitsch extrem anbiedernd.

Auch „Get On The Otherside“, das zweite Album von Bobby Oroza, beginnt mit diesem potentiell schlimmen Klischee: „I don’t make much money“, sinniert der finnische Singer-Songwriter, „but still I’m as rich as I can be“. Warum? „Because I got love.“ Doch bevor das kollektive Seufzen losgeht, sollte man einmal genauer schauen, wer hier eigentlich gerade singt. Oroza ist nämlich kein gepuderter Platinum-Künstler. Als die Corona-Pandemie 2020 seine Existenzgrundlage infrage stellte, konnte er sich nicht einfach für ein paar Monate in seiner Villa in den Hollywood Hills zurücklehnen. Stattdessen musste der Musiker, der gerade erst Vater geworden war, sich als Bauarbeiter verdingen.

Zarter Working-Class-R&B

Macht Orozas tatsächlicher Arbeiterklassen-Hintergrund ihn zu einem besseren Songwriter? Natürlich nicht. Aber zu einem authentischeren. „Get On The Otherside“ ist eine sehr zurückgelehnte Angelegenheit. Orozas Falsett-Crooning ist noch zarter als auf dem Vorgänger „This Love“. Seine Retro-Soul-Gitarrenzaubereien tänzeln um die Stimme, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Die Oroza schon auf dem Vorgänger begleitende Rhythmusgruppe Cold Diamond & Mink spielt ähnlich bedacht, fast schon wie auf Zehenspitzen. Die musikalischen Referenzen stammen klar aus der alten Soul-Schule von Stax oder Motown. Doch das Feuer von Acts wie Otis Redding wird gegen eine sehr bedachte Zurückhaltung getauscht. Dieser sanfte Throwback-R&B strahlt eine angenehme Bescheidenheit aus, die perfekt mit Orozas Poesie harmoniert. „I don’t need to make a mill’ for myself“, singt er später in „I Got Love“, „In a world that’s driven for the fame“. Das glaubt man ihm sofort.

Veröffentlichung: 10. Juni 2022
Label: Big Crown Records

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

Das könnte Dich auch interessieren:



Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert