Hannah Cohen – „Earthstar Mountain“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 31. März 2025

Cover des Albums „Earthstar Mountain“ von Hannah Cohen

Hannah Cohen – „Earthstar Mountain“ (Bella Union)

Man muss nie einen Fuß in die Catskill Mountains gesetzt haben, um zu ahnen, dass es sich hier um einen transzendentalen Rückzugsort handelt. Dafür muss man sich nur ein Bild des im Bundesstaat New York gelegenen Mittelgebirges anschauen. Schneebedeckte Berge laden zum Skifahren ein, großflächige Wälder wollen durchwandert werden, durchzogen von idyllischen Flüssen und Seen. Besonders unter der jüdisch-US-amerikanischen Bevölkerung war dieser Ausläufer der Appalachen lange als Ferienort extrem beliebt, als Alternative zur chaotischen Metropole, so sehr, dass er lange als „Borschtsch-Gürtel“ bekannt war.

Wem Bilder aber noch nicht fühlbar genug sind und ein tatsächlicher Ausflug in die Catskills zu teuer ist, hat aber noch eine Alternative. Und zwar das vierte Album von Hannah Cohen. Die New Yorker Singer-Songwriterin ist 2018 in eben jene malerische Szenerie gezogen. Gemeinsam mit ihrem Hund wandert sie so gut wie jeden Tag durch diese Wälder. Nach der Veröffentlichung ihrer dritten LP „Welcome Home“ verwandelte sie mit ihrem Freund und musikalischen Partner Sam Evian die Scheune ihres gemeinsamen Hauses in ein Studio namens Flying Cloud Recordings. Hier entstand im Verlauf der vergangenen vier Jahre eine musikalische Ode an diesen Rückzugsort, die seine Ruhe greifbar macht: „Earthstar Mountain“, benannt nach dem Berg, den sie jeden Tag aus ihrem Fenster sehen kann.

Musikalischer Rückzugsort

„Dusty“ etabliert als Opener direkt die Stimmung, die sich durch das ganze Album zieht: Flöten und Streicher umgarnen einen Folk-Rock-Groove, irgendwo zwischen Dusty Springfield, Jessica Pratt und The Saxophones. Cohen singt mit leichtem Twang in der Stimme Aphorismen über Einsamkeit und den Frieden, der in ihr entstehen kann: „I heard somebody say, be as lonely as you wanna be / Cause everywhere you go now there you are“. Im anschließenden „Draggin’“ wird es kurz ein wenig rockig, mit schunkeligem Drums, Blues-Gitarren und pumpenden Bass – aber höher als in diesem Crosby-Stills-and-Nash-Throwback wird der Puls nicht schießen. Stattdessen zieht einen „Mountain“ wieder auf eine Waldlichtung, mit strahlender Slide-Guitar und Background-Gesang von Sufjan Stevens, dessen Stimme wie ein warmer Frühsommer-Wind im Hintergrund durch die Baumwipfel raschelt.

Das wortlose Ennio-Morricone-Cover „Una Spiaggia“ (ein ziemlicher Deep-Cut aus dem Soundtrack des 1969er-Thrillers „Vergogna schifosi“) legt andere Einflüsse für „Earthstar Mountain“ offen: Die Streicher und Flöten sind durchaus von cineastischer Natur. So trifft in „Shoe“ Old-Hollywood-Romantik auf Americana-Ästhetik, während im leichtfüßig tänzelnden „Summer Sweat“ noch ein bisschen 70er-Jahre-Funk hinzukommt. „When was the last time you really let yourself go“, fragt Cohen im abschließenden „Dog Years“ – vielleicht als eine Einladung an ihre Hörer*innen, sich voll und ganz in diese Wohlfühlmusik zurückzuziehen.

Veröffentlichung: 28. März 2025
Label: Bella Union

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