Mega Bog – „End Of Everything“ (Album der Woche)

Cover des Albums „End Of Everything“ von Mega Bog, das unser Album der Woche ist

Mega Bog – „End Of Everything“ (Mexican Summer)

Manchmal braucht es einfach drei unmissverständliche Worte, um eine Gemütslage zum Ausdruck zu bringen: „What the fuck?!“ Das dachte sich Erin Elizabeth Birgy, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Mega Bog, im Jahr 2020. Inmitten der uns allen bekannten apokalyptischen Atmosphäre, die diesem Jahr innewohnte, begannen dann auch noch die Wälder ihrer damaligen Wahlheimat Los Angeles zu brennen. Birgy beschreibt diese Szene in ihrem neuen Song „Anthropocene“. Am hellichten Tag färbte sich der Himmel über der Stadt plötzlich schwarz. Sie sah den ausgebrannten Körper eines Alligators. Ihr blieben nur drei Worte: „What the fuck?!“

„End Of Everything“, die siebte LP von Mega Bog, ist ihre Reaktion auf unsere nun seit einiger Zeit stetig in Brand zu stehen scheinende Welt. Dem Titel und den Themen entsprechend könnte es sich hier um ein schwermütiges Album handeln. Das passt zu der Musik, die man bisher von Mega Bog kannte: Birgy selbst beschreibt das Projekt als ein „nightmarish experimental pop ensemble“, das „jazzy prog-rock“ spielt. Das stimmt so nicht ganz, zeigt aber trotzdem die experimentellen, verkopften Ambitionen ihrer bisherigen Alben. Das ist bei dieser neuen Platte aber so gar nicht der Fall: Mit „End Of Everything“ hat sie das eingängigste, hoffnungsvollste Album ihrer Karriere geschaffen.

Dem Ende der Welt entgegentanzen

Birgy ist sich dieser Widersprüchlichkeit durchaus bewusst: „…Ich denke, dass Optimismus oft aus einer gewissen Hoffnungslosigkeit entspringt“, sagte sie in einem Interview. „Wenn man etwas akzeptiert, weil man es eh nicht ändern kann, dann eröffnet Dir das eine ganze Welt von Möglichkeiten.“ Für „End Of Everything“ zeigte sich das direkt im Songwriting. Birgy wollte keine Chiffren mehr, sich nicht mehr hinter verkopften Ambitionen verstecken. Sie sehnte sich nach einer Direktheit, sowohl in Musik als auch Text. Musik, mit der man „das Trauma wegschütteln“ kann.

Und welches Genre eignet sich am besten für unsubtilen Endorphin-Rausch? Der Pop der 80er-Jahre natürlich. Genau in diesen wirft sich Birgy auf dieser LP ohne Rücksicht auf Verluste: Songs wie „Cactus People“ oder das Westerman-Duett „Love Is“ erstrahlen in einem glitzernden New-Wave-Disco-Gewand, das direkte Erinnerungen an Bronski Beat oder ABC weckt – Saxofon-Fanfaren inklusive. Auch die etwas weniger Auf-die-zwölf-Songs wie „Don’t Doom Me Now“ oder „The Clown“ beziehen sich auf diese Ära, wenn auch mehr auf die unterkühlte Catchyness von Blondie.

In das ruhig beginnende „Book Of Roses“ clasht zur Hälfte eine testosteronschwangere E-Gitarre rein, als wäre Mega Bog plötzlich auf Ozzy Osbournes „Crazy Train“ aufgesprungen. Und selbst die andere Ballade, das bereits erwähnte „Anthropocene“, erinnert in ihrem hemmungslosen Drama an Power-Balladen von Frankie Goes To Hollywood. Anstatt in eine lähmende „What-The-Fuck“-Schockstarre zu verfallen und sich der erdrückenden Schrecklichkeit von allem zu ergeben, hat Mega Bog einen anderen Weg gewählt: Sie tanzt dem Ende der Welt entgegen. Das mag nicht besonders subtil sein, doch macht es vor allem eins: unglaublich viel Spaß.

Veröffentlichung: 19. Mai 2023
Label: Mexican Summer

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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