Konzertbericht: Veronica Falls im Roten Salon der Volksbühne, Berlin, am 6. November

Von kathy

Veronica Falls liveVeronica Falls live (Kathy Twinem)

Sonntage werden ja allgemein gerne dazu genutzt, um einfach mal den ganzen Tag im Bett zu bleiben oder spätestens 20.15 Uhr auf dem Sofa Platz zu nehmen und dem mehr oder minder spannenden Ritual „Tatort gucken“ nachzugehen. So gestalte ich zumindest gerne meinen Sonntag. Da ich mich aber zu Besuch in einer anderen Stadt, Berlin, befinde und eine meiner derzeitigen Lieblingsbands an dem Abend im Roten Salon der Volksbühne auftritt, mache ich mich nach einem angenehmen Tag auf zum Konzert. Ich warte auf meine Begleiterin, mache es mir bei kuschlig rotem Licht in einem Sessel gemütlich und genehmige mir einfach erstmal einen Drink. David Bowie erklingt dezent im Hintergrund und langsam füllt es sich. Viele bekannte Gesichter haben sich heute aus dem Haus gewagt.

Um 21 Uhr betreten die vier Wahl-Londoner endlich die Bühne. Hübsch sehen sie aus: Sängerin Roxanne Clifford hat eine entzückende Polka Dots Bluse an, James Hoare trägt ein Paisley Hemd und die The Pastels Memoriam Frisur, Bassistin Marion Herbain hat ein Streifenoutfit gewählt und Schlagzeuger Patrick Doyle ein kariertes Hemd. Nicht ablenken lassen! Aber toll, wie sie doch hier in den Roten Salon und dessen 50er/60er Jahre Atmosphäre passen.

Die ersten beiden Songs „The Box“ und „Stephen“ werden solide runtergespielt. Alles sitzt, sehr tight. Als hätten sie nie etwas anderes in ihrem Leben gemacht. Mit „Beachy Head“ kommt auch mehr Enthusiasmus dazu und sie klingen herrlich perfekt. Ihr gerade erst erschienenes selbst betiteltes Debütalbum bietet ihnen 12 Songs und die geben sie wahrlich zum Besten. Ohne viel Geschnörkel, ohne große Worte, aber mit einer angenehmen Coolness und perfekten Twee-Inszenierung. Nur mein persönlicher Lieblingssong „Veronica Falls“ wird leider ausgelassen. Ein Bekannter macht mich nach dem Konzert darauf aufmerksam, dass sowohl die Gitarren als auch die Verstärker von Hoare und Clifford noch Originale sind und die Band großen Wert darauf lege, „Vintage“-Instrumente zu benutzen. So entspräche der Sound einfach mehr ihren Vorstellungen. Das funktioniert hervorragend und für einen kurzen Moment kam das Gefühl auf, all dies hätte auch gut 1987 irgendwo in einem Londoner Club zu besten Twee-Zeiten stattfinden können.

Das Publikum wippt dankbar mit, der eine oder andere schwingt sogar beherzt zu „Beachy Head“ das Tanzbein. Bei „Starry Eyes“, einer schönen Coverversion von Roky Ericksons, und beim letzten Song „Come on over“ baut sich eine herrliche Spannung auf, die besonders durch das Schlagzeug vorangetrieben wird. Und schon ist es auch wieder vorbei. Die Band verschwindet kurz durch das Publikum, lässt sich aber nicht lange bitten und bahnt sich den Weg durch die klatschende Menge. Das tolle „Misery“, eine kleine Indiepop-Hymne, beendet schließlich den Abend.

Mit einem warmen Gefühl ums Herz und einem Lächeln auf den Lippen verabschiede ich mich von vielen bekannten Gesichtern in den milden Novemberabend. Manchmal lohnt es sich doch, auch an einem Sonntagabend das Haus zu verlassen.

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Cate Le Bon (Konzertbericht)
    Mit ihrem Konzert in der Kantine am Berghain bestätigt Cate Le Bon ihre in der Nische verankerte Stellung als eine der wenigen Pop-KünstlerInnen, die es fertigbringen, das Monotone mit dem Vertrackten und Kammerpop mit Postpunk und Jazz zu vereinbaren. ...
  • Patience – „The Girls Are Chewing Gum“
    Als Teil der Band Veronica Falls machte Roxanne Clifford lange Zeit schrammeligen Indie-Pop. Mit ihrem Solo-Projekt Patience spezialisiert sich die Britin nun auf knallbunten Synth-Pop. Ihr Song „The Girls Are Chewing Gum“ ist unser Track des Tages. ...
  • Josephine Foster (Konzertbericht)
    Wer etwas über zeitlose Musik erfahren will, sollte Josephine Foster zuhören. Unser Autor Johann Wiede war beim Konzert der US-amerikanischen Folk-Musikerin in Berlin....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.