Natureboy – "Natureboy"

1948 hatte Nat King Cole mit dem Lied „Nature Boy“ einen Hit in den USA. Geschrieben hatte das Stück Eden Ahbez. Den Titel des Stücks entlehnte Ahbez dem Namen einer Proto-Hippie-Gruppierung, der er angehörte, den „Nature Boys“. Inspiriert von den „Wandervögeln“ in Deutschland pflegten diese einen naturnahen Aussteigerlebensstil. Cole hatte das Lied schon seit einiger Zeit in sein Repertoire aufgenommen. Bevor Cole den Titel aber aufnehmen durfte, mussten er und sein Manager Ahbez zur Klärung der Urheberrechte aufsuchen. Ihr Weg führte sie an den Fuß des berühmten „Hollywood“-Schriftzuges in L.A. Der Autor Ahbez kampierte dort unter einem „L“.

Ob sich die Band um Sara Kermanshahi bei der Namensgebung von Ahbez‘ „Nature Boy“ hat inspirieren lassen? Die Übersetzung für „Natureboy“ lautet schlicht Naturbursche – auch ein schöner Name für die Band einer Songschreiberin, weil er eine gendermäßige Finte ist. Parallelen zu Ahbez‘ „Nature Boy“ gibt es. Sein Lied handelt von einem weitgereisten, verwunschenen jungen Mann. Trotz seines jugendlichen Alters verkündet er die erleuchtete Botschaft, dass die größte und wichtigste Weisheit der Welt ist, zu lieben und geliebt zu werden. Ohne negative Ereignisse oder Erfahrungen zu benennen drückt „Nature Boy“ auf diese Weise eine Enttäuschung von der Welt aus. Achselzuckend. Eine solche Ruhe findet man auch in der Musik von Natureboy.

Natureboy kommen aus Seattle. Wie viele andere leben und arbeiten die Bandmitglieder aber mittlerweile in Brooklyn, New York. Kermanshahi, Tochter iranischer Eltern, drückt mit ihrer Musik tiefen Weltschmerz aus. Mit bilderarmer Sprache singt sie von Trennungen, von Außenseitern und vom Zweifel. Ihre Stimme ist dafür wie gemacht: Kermanshahi trägt mit langem, atmendem Alt Wenn sich ihre Stimme in den hohen Passagen überschlägt steht ihr das gut. Ihr nasaler Sprechgesang bleibt meist cool. Wo Des Ark oder Tiny Vipers weinen, wählt Kermanshahi die Kühle.

<a href="http://ownrecords.bandcamp.com/track/curses-fired">Curses Fired by Own Records</a>

In der High School in Seattle hat Sara Kermanshahi Freude am Kiffen und an Dylan-Coverabenden gefunden. Zusammen mit den Lehrern. Den Klang von Natureboy hat das nicht unwesentlich beeinflusst. Der Folk und seine Instrumente prägen das Debüt. Wobei Natureboy versuchen, das bloße Zitat, das Abgreifen der billigen Emotionen zu vermeiden. Davon zeugt zum Beispiel der geschmackvolle Einsatz der Orgel in „Pariah“, dem tollen, schunkelnden zweiten Stück des Albums. Auch in „Over & Out“, dem letzten Stück des Albums, verfremden Natureboy die Slide-Gitarre mit grobem Echo zu einem singenden Säge-Ton. Weil Natureboy zu dritt sind – Rory O’Connor und Co-Produzent Cedar Apffel komplettieren die Band – gibt es auf dem Album auch Synthesizer und Schlagzeug zu hören. Kermanshahi steht im Vordergrund. Mit ihrer lethargischen Indie-Musik versuchen Natureboy den Hörer in einer Art Wachstarre zu halten. Gut gelingt das zum Beispiel bei „Heart to Fool“, einer Ballade mit sechs Minuten Spiellänge und schiefem Rhythmus.

Die Aufnahmen für das Album haben Natureboy bereits 2008 in den Apartments der Bandmitglieder gemacht und mit seinem Bastel-Charme atmet das Album die Luft von Wohnzimmer-Alben wie Grizzly Bears „Horn of Plenty“. In Nordamerika sind Natureboy noch ohne Labelunterstüztung und vertreiben ihr Debüt selbst. In Europa sind sie bei Own Records gelandet. Das lässt hoffen, dass die Gruppe in naher Zukunft auch auf den Bühnen hier zu sehen sein wird. Dann bekommt man vielleicht noch ein paar mehr Stücke zu hören als die nur neun Stücke des Debüts. Kermanshahi könnte das Set mit Bob Dylan-Coverversionen auffüllen. Davon kennt sie jede Menge.

Einen Song von Natureboy aus dem gleichnamigen neuen Album hört Ihr am 08.07. im ByteFM Magazin zwischen 15 und 17 Uhr.

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Diskussionen

0 Comments
  1. posted by
    Naturfräulein | wavbrd
    Jul 26, 2013 Reply

    […] was das alles bedeuten soll. Trotzdem ein schönes Musikvideo. (Nachträglich und mit besten Dank an ByteFM für eine weitere, tolle Musikempfehlung.) This entry was posted in video and tagged natureboy on […]

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