Wer? Was? Warum? ByteFM Redakteure besprechen eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen.
Wer? Es singt King Creosote alias Kenny Anderson. Anderson ist Gründer des schottischen Fence Collectivs, eines losen Zusammenschlusses von LoFi-Folk-Musikern aus der schottischen Küstenregion Fife. Es arrangiert der Brite Jon Hopkins. Hopkins hat sich mit verschiedensten Elektronikproduktionen einen Namen gemacht und mit Künstlern wie David Lynch, Four Tet oder Brian Eno zusammengearbeitet. Aus Andersons Sessions mit Eno entstand dessen aktuelles Album „Small Craft On A Milk Sea“, das letzten Oktober das ByteFM Album der Woche war.
Was? Hopkins kleidet auf „Diamond Mine“ Andersons Stimme in ein Gewand zurückhaltender und traditionell-folkloristischer Instrumente: Akustikgitarre, Piano, Banjo, Akkordeon. Was die Kollaboration so besonders macht, sind Hopkins Field Recordings, Atmosphären und maschinelle Geräusche, durch die das Album beinahe filmisch klingt. Schon der Beginn von „Diamond Mine“ beeindruckt. Eine Frau spricht mit starkem schottischem Akzent, sie nimmt Bestellungen auf, gibt Wechselgeld. Sanft setzt ein Piano ein. Im Hintergrund klappert Geschirr, Menschen unterhalten sich. Ein Wabern, ein Klacken. Wird Milch aufgeschäumt? Dann die Akustikgitarre. Es kreischen Möwen, man kann das Meer hören, wie es gegen Felsen schlägt. Das Akkordeon. Sehnsüchtig singt King Creosote die Geschichte des jungen John Taylor, und irgendwann zwischen anschwellenden Keyboardchören merkt man plötzlich, dass schon fast zehn Minuten vergangen sind.
Warum? John Taylor beginnt seinen Monat auf See, zehn Meilen östlich von Aberdeen. Er wird einen Monat kaum Schlaf bekommen. Und seine Kindheitsträume? Längst zerplatzt. John ist auf See, doch sein Herz ist an Land. Sicher, dort ist nicht alles perfekt, ganz bestimmt nicht. Aber es ist gut, und zwar genau so, wie es ist. Es ist eine besondere Form von Glück. Es ist Heimat. „Diamond Mine“ ist ein Heimatalbum. Ein Album über das Leben in einem kleinen schottischen Küstendorf. Romantisiert, keine Frage, aber trotzdem hinterlässt es einen mit einem merkwürdigen Gefühl. Mit einer Sehnsucht nach Heimat. Und der Einladung, sie in einem kleinen schottischen Küstendorf suchen zu gehen.