Willis Earl Beal – „Nobody Knows“ (XL)
7,5
Das Leben von Willis Earl Beal ist mitnichten linear verlaufen. In 30 Jahren – oder 28 oder 32, sein genaues Alter ist nicht bekannt – hat der Sänger viel durchgemacht. Nach der High School ging er zum Militär, wurde jedoch bald krank und stand nach der Ausmusterung und einem Krankenhausaufenthalt erst mal ohne Arbeit und Obdach da. In dieser Zeit fand er zur Musik. Beal borgte sich ein paar Instrumente und ein billiges Aufnahmegerät zusammen und begann, das, was ihm in den Kopf schoss, in Lieder zu verwandeln. Er verteilte CD-Rs an öffentlichen Orten in Albuquerque, New Mexico, wo er damals lebte. Vor zwei Jahren wurde das Label Hot Charity (gehört zu XL Recordings) auf ihn aufmerksam. Dort erschien 2012 sein Debüt und jetzt steht schon der Nachfolger an.
„Nobody Knows.“ ist ebenso emotional und direkt wie der Vorgänger. Nur die Qualität der Aufnahmen hat sich verbessert – statt zu Hause entstanden die 13 Songs in einem Studio in Amsterdam. Ganz klar im Vordergrund steht Willis Earl Beal mit seiner kraftvollen, unmittelbaren Stimme. Im Opener „Wavering Lines“ kommt diese besonders zur Geltung, begleitet nur von Streichern. Beal klingt mal verletzlich, mal abgeklärt, mal wütend. Der Ausbruch in „Ain’t Got No Love“ erinnert an die exaltierten Performances von Screamin’ Jay Hawkins. Der ruhige Klagegesang, den Beal in „White Noise“ darbietet, lässt wiederum an die große Nina Simone denken.
Andere Stücke auf „Nobody Knows.“ sind dem Gospel sehr nah, doch dabei bleiben sie simpel. Ein ganzer Chor ist nie zu hören, dafür dringt manchmal eine Orgel in den Vordergrund („Nobody Knows.“). Klar ist: Willis Earl Beal treibt viel um. Das sagt er auch in Interviews. Er wird stets von einer inneren Zerrissenheit begleitet, muss sich oft mit Wut und Angst auseinandersetzen. Diese Erfahrungen hat er mit einer Menge Soul und – so scheint es – klarem Kopf in Lieder umgesetzt, die sehr intensiv, aber nicht zu dramatisch klingen. „Nobody Knows“ kann einen mitreißen. Es hat aber auch seine ruhigen, besinnlichen Momente, zum Beispiel „Coming Through“, ein Duett mit Chan Marshall alias Cat Power. So ist es möglich, das Album zu genießen, ohne sich danach aufgewühlt zu fühlen. Wer sich in die Gedanken- und Gefühlswelt von Willis Earl Beal mitnehmen lassen möchte, der kann das allerdings sehr gut tun. Es lohnt sich.
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Diskussionen
1 KommentareWillis Earl Beal | sehnsuchtspendler
Mrz 23, 2014[…] http://byte.fm/magazin/blog/2013/09/06/neue-platten-willis-earl-beal-nobody-knows/ […]