Mile Me Deaf – „Alien Age“ (Rezension)

Von Luise Vörkel, 8. Februar 2017

Cover des Albums Alien Age von Mile Me DeafMile Me Deaf – „Alien Age“ (Siluh)

Veröffentlichung: 3. Februar 2017
Web: milemedeaf.com
Label: Siluh

8,0

Die Realität wird immer absurder: Um ins Dschungelcamp zu kommen, langt es schon, in einer Folge von Germany’s Next Topmodel per Skype aufzutauchen und die neue Frisur der Freundin zu kritisieren. Und fürs Amt des Oberhaupts der „freien Welt“ reicht eine auffallend schlechte Frisur und lautes Stammtischgeplärre. Stumpf ist endgültig trumpf. „What happens to the Human Age, when everyone is bored of it?“, fragt Wolfgang Möstl auf „Alien Age“. Genau das.

Mit dem neuen Album machen uns Mile Me Deaf um eine Dystopie reicher, und die lässt bisweilen sogar dank beschwingt kreiselnden Melodien gute Laune aufkommen. Wie jede Platte der Band ist auch „Alien Age“ das alleinige Hirngespinst von dem österreichischen Musiker und Produzenten Wolfgang Möstl. Schon mit dem Vorgänger „Eerie Bits Of Future Trips“ hat er ein paar Schritte weg vom Garage Rock genommen, „Alien Age“ kommt nun gänzlich ohne Gitarren aus.

Zumindest ohne neu eingespielte. Denn an die Stelle der Saiteninstrumente rücken Samples. Der MPC – Sampler, Sequencer und Drumcomputer in einem – wurde während der goldenen Ära von US-HipHop zum Klassiker für Beatbastler. Im letzten Herbst half das Gerät Wolfgang Möstl, der mit gebrochenen Daumen zu Hause saß, dabei, seine Visionen einer „post-humanistischen“ Welt in Songs umzusetzen.

Die Songs auf „Alien Age“ drehen sich ums unbekümmerte Desertieren, ums Hinschmeißen der Errungenschaften der Menschheit, um Dekadenz kurz vorm Weltuntergang. Mile Me Deaf gibt nichts auf verstiegene SciFi-Nacherzählungen, textlich finden die dystopischen Szenarien live in den Songs auf „Alien Age“ statt.

Zwischen psychedelischen Harmonien, verzerrtem Rauschen und verhallten Sprachfetzen singt Möstl als Protagonist des Ganzen:
„They say: safe your story for the trial“ in „Zither“, oder „Baby spend your time when it’s running short“ in „The World We Own“.
Dieser Weird-60s-Pop-Sound, den Mile Me Deaf perfektioniert haben, setzt sich auch auf „Alien Age“ fort. Zwischen Samples von amerikanischen Gameshows aus den 50ern, New-Age-Selbsthilfe-Kassetten und niederösterreichischen Traktoren schwingen Mile Me Deaf durch kaleidoskopische Melodien und verwunschene Synth-Flächen.

Die Welt ist aus den Fugen, der Sound dazu ist traumverhangen und farbenprächtig. So lässt sich die Apokalypse ertragen.

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