Gotts Street Park – „On The Inside“ (Rezension)

Von Lena Boßmann, 20. Oktober 2023

Cover des Albums „On The Inside“ von Gotts Street Park

Gotts Street Park – „On The Inside“ (PIAS)

7,2

Wer aktueller Musik vorwirft, schnelllebig und konsumorientiert zu sein, an dem oder der ist Gotts Street Park bisher wahrscheinlich vorbeigegangen. Über das Londoner Label Blue Flowers, das auch andere, die 15-Sekunden-Dramaturgie missachtende Künstler*innen wie Nilüfer Yanya und Puma Blue unter seinem Banner versammelt, erschien nun das Album „On The Inside“.

Damit schließt die Band aus dem britischen Leeds an den sanften Retro-Sound der Vorgänger „Volume 1“ und „Volume 2“ an und verweigert sich dem Perfektionsanspruch des heutigen Zeitgeists. Vielmehr lädt sie auf „On The Inside“ zu einem entspannten Wohnzimmerkonzert mit gemütlichem Rumfläzen auf weichen Bodenkissen.

Sanftes Dämmerlicht statt Hochglanz

Als sich Josh Crocker (Bass, Produktion), Tom Henry (Keys) und Joe Harris (Gitarre) vor über zehn Jahren in der Jazz-Szene ihrer Heimatstadt kennenlernten, fanden sie zunächst als Backing-Band für Solokünstler*innen zusammen. Beim Versuch, während des Jammens den Klang ihrer musikalischen Vorbilder nachzuahmen, entstand fast wie aus Versehen aus der Fusion von 60s-Motown und frühem HipHop der ganz eigene Sound von Gotts Street Park. Auf diese Stunden, in denen die drei Musiker über ihre Instrumente miteinander eine harmonische Kommunikation praktizierten, geht auch der Schaffensprozess des Albums „On The Inside“ zurück, das als Fenster in die Welt von Gotts Street Park fungieren soll. Noch immer entwickeln sich ihre Songs beim gemeinsamen Jam, entstehen im Zusammenspiel aus dem, was jeder einzelne Musiker mit ins Studio bringt.

Wohldosierte Rastlosigkeit

Darin empfingen sie neben Pip Millett, Rosie Lowe und Flikka, die bereits „Volume 2“ durch ihre weichen Stimmen bereicherten, auch die Londoner Sängerin Enny und Saxofonistin Parthenope. Beheimatet in der britischen Neo-Soul-Szene, füllen die Künstlerinnen mit ihrer Orientierung am satten Sound vergangener Dekaden die Ritzen des musikalischen Dielenbodens, den Gotts Street Park ihnen auslegen.

Der trägt aber auch allein: Die fünf rein instrumentalen Stücke auf „On The Inside“ sind energetisch gleichauf mit den Features, die besonders vor der Veröffentlichung der EP „Diego“ im Jahr 2021 als Stärke der Band galten. Geschickt platziert halten sie das richtige Maß und schaffen es, das Album nicht überladen, sondern durch seine zurückgenommene Sanftheit nur intensiver wirken zu lassen.

Entgegen der Gewohnheit des Trios, seine Songs langsam aus längeren Intros erwachsen zu lassen, sorgt mit „Fuego“ ein Solostück für das Spannungsmoment des Albums. Durch den unmittelbaren Einstieg ins Thema hebt sich das Riff – begleitet durch treibende Drums – von der Laid-Back-Attitüde der vorangegangenen Kompositionen ab. Aufschluss über die Intention dahinter gibt der zugehörige Visualizer, in dem schnelle Lichtreflexe die Zeitraffer von nächtlichen Autofahrten und Studioaufnahmen im Dämmerlicht überblenden. Innerhalb schneller Cuts bekommt man so ein Gefühl dafür, wie rasant sich das Leben der Band mit steigender Bekanntheit wohl anfühlen mag. Schließlich aber verglüht das dreiminütige „Feuer“ und findet mit einem friedlichen Halfbeat zurück zur Atmosphäre nostalgischer Gelassenheit, die auch auf diesem Release von Gotts Street Park vorherrscht.

Veröffentlichung: 13. Oktober 2023
Label: PIAS

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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