Steht für radikale Klangkunst: Lydia Lunch (Foto: Jasmine Hirst)
Das New York, in dem Lydia Lunch unseren Track des Tages „Atomic Bongos“ veröffentlichte, war anders als heute. Mittlerweile steht die US-Metropole für unerschwingliche Mieten und Trust-Fund-Juppies. Doch 1980 gab es in dieser Stadt noch Platz für künstlerische Revolutionen unvermarktbarer Musiker*innen. Es war die Hochphase der No-Wave-Bewegung, in der Künstler*innen wie Glenn Branca, Arto Lindsay oder eben Lunch die Regeln der Gitarrenmusik umschrieben. Ihr Sound war meilenweit vom Pop entfernt, eine provokative Mischung aus Noise, moderner Klassik und Punk.
Im Vergleich zu den verkopften Avantgarde-Ambitionen ihrer Kollegen war Lydia Lunchs Kunst stets ein bisschen direkter. Was nicht bedeutet, dass die Musikerin, Autorin und Schauspielerin weniger herausfordernd war: „Mommy please, can I bleed just once?“, schrie sie in einer frühen Single ihrer ersten Band Teenage Jesus And The Jerks über ohrenbetäubendes Gitarrenfeedback. Ihre Musik war und ist eine stetige, aggressive Konfrontation mit ihrem Publikum. Was sie auch auf ihrem 1980er Solodebüt „Queen Of Siam“ demonstrierte. So ist der Song „Atomic Bongos“ rein musikalisch etwas leichter verdaulich, mit einem theoretisch tanzbaren Post-Punk-Beat, einer zwar schrägen aber irgendwie auch eingängigen Lead-Gitarre und den titelgebenden Bongos. Lunch kreischt auch nicht. Stattdessen performt sie bewusst monotonen Spoken-Word-Gesang – der den bitterbösen Text unterstreicht. Es ist eine pechschwarze Satire auf die Surfer-Boy-Kultur: mit übergriffigen Männern und unmissverständlichen Samen-Metaphern. Ein erstaunlich groovy Beispiel für die radikale Klangkunst von Lydia Lunch.
Lydia Lunch wurde am 2. Juni 1959 als Lydia Anne Koch in Rochester, New York geboren. Anlässlich ihres 65. Geburtstags ist „Atomic Bongos“ heute unser Track des Tages. Hört ihn Euch hier an: