FKA Twigs – „M3LL155X“ (Rezension)

Cover des Albums FKA Twigs – „M3LL155X“

FKA Twigs – „M3LL155X“ (Young Turks)

8,0

Unterwerfung, Ablenkung, Angriff – so sieht die Strategie aus in dem 16-minütigen Video, das den Release von „M3LL155X“ begleitet. Mit der EP, die digital im August erschien und nun auf Platte herauskommt, setzte die Britin Tahliah Debrett Barnett gut ein Jahr nach ihrem Debütalbum „LP1“ ein scharfes Lebenszeichen. „M3LL155X“, wie Leetspeak-KennerInnen sicher schon erkannt haben, steht für den Namen Melissa. Ein Name, den Barnett nicht als Alter Ego für sich, sondern als Identität für ihre weibliche Energie nutzt.

Auf den fünf Songs der EP zieht sich FKA twigs unwirkliche, beschwörende Stimme durch gläserne Soundgebilde und flatternde TripHop-Beats. Verzerrte Industrial-Klänge, rückwärtsgespulte Vocals, oszillierende Brüche und Echos umgarnen sie, schaffen komplexe Arrangements mit R&B-Touch. Den Ohren schmeichelnd, aber auch herausfordernd. Faszinierend, aber mit Vorsicht zu genießen. Zusammen mit dem Produzenten Boots, der an Beyoncés letztem Album beteiligt war, hat FKA twigs diese Atmosphäre geschaffen. Und die entfaltet sich auch im dazugehörigen Video, bei dem die Künstlerin Regie führte.

Zuerst sieht man darin die Mode-Ikone Michele Lamy, gewandt in Goldschmuck, ausgestattet mit einem Licht, das sie wie ein Anglerfisch in der dunklen Tiefsee aussehen lässt. Das Licht, kurz von ihr verschluckt, wandelt sich in FKA twigs, die unsere Augen auf ein Spiel, manchmal schmerzvoll langgezogen, zwischen Objekt/Subjekt und objektifizierenden Personen lenkt. Da wäre der Mann, der auf drei Varianten von twigs starrt – eine computeranimierte Fassung, eine aufblasbare Puppe und die Echte – und sich schließlich über die Puppe hermacht, sie luftleer zurücklässt.

Oder der, der die tanzende, schwangere twigs beobachtet. Als Flüssigkeiten in unterschiedlichen Farben ihre Beine herunterrinnen und die Künstlerin ihre Füße durch die entstehende Pfütze schiebt, kann er seinen Ekel nicht verbergen. FKA twigs schert das nicht. Sie behält die Kontrolle, sie bleibt Herrin über die Bilder, die sie erzeugt. Die Musikerin nimmt niemanden in Schutz. Unnötig zu erwähnen, dass sie das Spiel gewinnt.

Label: Young Turks

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