Maureen „Moe“ Tucker wird 70

Von ByteFM Redaktion, 26. August 2014

Moe TuckerMoe Tucker

Als sich Maureen „Moe“ Tucker Anfang der 1960er Jahre das erste Album der Rolling Stones kauft, hat sie irgendwann genug vom „nur“ zuhören. Gitarre spielen kann sie nicht, außerdem sind Gitarren teuer, also kauft sie sich eine einzelne Snare-Drum und trommelt in ihrem Schlafzimmer zu der Musik der Stones. Moe Tucker handelt pragmatisch und minimalistisch, Charaktereigenschaften, die ihr Schlagzeugspiel von da an immer prägen sollten – und damit auch ganz bedeutend den Sound von The Velvet Underground (VU), deren Drummerin Tucker nur wenige Jahre nach ihren Schlafzimmerkonzerten werden sollte.

Als The Velvet Underground nach einem Drummer für ihre Projekt suchen, erinnert sich Sterling Morrison an die Schwester eines College-Freundes, die immer vor sich hingetrommelt hatte. Kurze Zeit später wird Moe Tucker aus ihrem Schlafzimmer heraus für eine der bedeutendsten Bands der Musikgeschichte angeheurt.

Moe Tucker tritt ihre Rolle als Schlagezugerin von VU 1965 an, allerdings von Beginn an so, wie sie es sich vorstellt und nicht so, wie ein traditionelles Drumset aufgestellt ist: Sie spielt lieber im Stehen als im Sitzen, dreht die Basedrum mit dem Fell nach oben und bearbeitet sie mit Fellschlegeln anstatt einer Fußmaschine – einfach, weil sie dann besser hinkommt – und: Sie missachtet Becken. Die Aufgabe eines Drummers sei es, das Tempo vorzugeben, Becken würden das nur übertönen.

Ihr Stil ist sehr untypisch für die Zeit (eigentlich auch noch für heute) und oft minimalistisch gehalten. Trotzdem hat sie einen erheblichen Einfluss auf die Songstrukturen der Band. Bestes Beispiel dafür ist wohl „Heroin“, das, als Tucker zur Band stieß, noch eher in eine folkige Richtung ging. Tuckers unraste Interpretation des Songs und der Lyrics auf ihrem Instrument machte „Heroin“ zu dem Trip, als der er in die Geschichte eingehen sollte.

Ganz ohne musikalische Einflüsse agiert Moe Tucker trotzdem nicht. Vor allem der afrikanische Drummer Babatunde Olatunki, der mit „Drums Of Passion“ 1959 eines der von der Instrumentierung her ersten reinen Perkussionsalben überhaupt aufgenommen hatte, beeinflusst ihr Spiel. Ihre oft trance-artigen, an traditionelle afrikanische Musik erinnernden Rhythmen sind dadurch sicherlich mitgeprägt worden.

Nach dem Aus von VU Anfang der 70er zieht sich Moe Tucker aus dem Musikleben zuerst nach Phoenix und später nach Douglas in Georgia zurück, wo sie als alleinerziehende Mutter eine Stelle als Kassiererin bei Wal-Mart antritt. Anfang der 80er beginnt Tucker wieder Musik zu machen, sie lernt Gitarre und wird unterstützt von Bewunderen und Freunden wie Daniel Johnston, Sonic Youth oder Lou Reed. Ihre Musik handelt von ihrer Frustration, angepisst vom Rock’n’Roll-Zirkus, vom Dasein als alleinerziehende Mutter und von ihrer harten Arbeit für nur wenig Geld. Von 1981 bis 1994 veröffenticht Tucker vier Alben.

1989 bekommt sie die Möglichkeit, ihren Job zu kündigen und mit der Noise-Band Half Japanese aus Austin als Drummerin auf Tour zu gehen. 1993 dann die VU-Reunion, Tucker ist wieder im Musikgeschäft angekommen. Im Folgenden ist sie vor allem als Kooperationspartnerin für einzelne Projekte gefragt, allerdings tritt sie immer sporadischer in Erscheinung. Ihr letzter musikalischer Beitrag ist auf dem Album „Pretty in Black“ der Raveonettes von 2005 zu hören. Auf „Red Tan“ spielt sie die Drums – natürlich wieder ohne auch nur ein Becken zu berühren.

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