(Domino)
6,7
The Magnetic Fields. Stephin Merritt. Dazu kann man so viel sagen, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll. Zweiterer ist Lead-Sänger und so-called Mastermind des ersteren. Dabei handelt es sich um eine Band, die jetzt mit „Love At The Bottom Of The Sea“ ihr zehntes Album veröffentlicht. Als Merritt die Magnetic Fields mit seinen Harvard-Freunden gründete, entschieden sie sich für einen Namen, der sehr nach naturwissenschaftlicher Fakultät klingt, sich aber auf ein Werk der Surrealisten André Breton und Philippe Soupault bezieht. Die weiteren aktuellen Mitglieder sind Claudia Gonson, Sam Davol und John Woo. Merritt wird und wurde beim Gesang von Susan Anway und Shirley Simms unterstützt und spielt selbst zahlreiche Instrumente, schreibt, arrangiert und produziert die Stücke. Scheinbar hat er dabei so viel Output, um nicht nur die Magnetic Fields gut zu bestücken, sondern auch einige Nebenprojekte führen kann (z. B. Future Bible Heroes und The Gothic Archies).
Mit ihren ersten neun Alben haben sich die Magnetic Fields eine robuste Fangemeinde aufgebaut. Musikalisch geprägt sind sie von Stephin Merritts Texten und dem verzerrten, parodistischen Synth-Indie-Pop-Stil, sowie der inhaltlichen Durchdachtheit und bitteren Ironie, die sich in dem häufigen Konzeptaufbau der bisher veröffentlichten Alben spiegeln, so zum Beispiel des 99er 3-CD-Albums „69 Love Songs“, dessen Titel tatsächlich in Form von nicht weniger als 69 Liebesliedern wahr gemacht wurde. Auf dieses Meisterkonzept (so viele Liebeslieder muss man erst mal schreiben!) folgte „I“ – Songtitel, die mit dem Buchstaben „I“ beginnen. Das ist zwar textlich nicht unmöglich, aber doch ein Aufwand, aufgrund dessen man fragen kann: Warum machen die sich den Stress? Die Antwort darauf ist: Klar, weil sie es können, weil Stephin Merritt es kann.
Das neue Album „Love At The Bottom Of The Sea“ hat dagegen kein Konzept, zumindest kein offensichtliches. Stilistisch geht es mehr zurück, in Richtung „69 Love Songs“, auch wenn es qualitativ nicht daran heranreicht. Die Durchschlagskraft der einzelnen Songs lässt zu wünschen übrig – man ist es von den Magnetic Fields ja eigentlich gewohnt, wenigstens einige von Merritts Kompositionen über Monate in der Toplist zu haben. Gelobt und relativ herausstechend ist die Singleauskopplung „Andrew In Drag“, die uns von des Sängers Liebe zu keiner Frau außer Andrew In Drag erzählt. Das Video steht im naheliegenden Intersexualitätskontext und ist absolut sehenswert, wird aber Stephin Merritts Rolle als König der Geschlechtslosen wieder neues Futter geben. Diese kämpft mit Merritts angeblicher depressiver, dunkler Haltung um das Nummer-Eins-Klischee der Band.
Dies hat aber alles nichts mit der musikalischen Bewertung von „Love At The Bottom Of The Sea“ zu tun. Es handelt sich um ein eigentlich schönes Magnetic-Fields-Album, bunt und düster, ironisch und synthig, das für den Kenner allerdings nicht wirklich herausragend und eigentlich enttäuschend ausfällt. Das auch aufgrund des Mangels an wirklich guten Stücken.
PS: Herzlichen Dank für das Cover! Wie immer.
Label: Domino | Kaufen
Diskussionen
1 Kommentarereno dakota
Mrz 7, 2012komisch, du musst eine ganz andere platte gehört haben, als ich. mir gefällt sie vorzüglich!