Präzises Verfehlen: D’Angelos „Voodoo“ wird 20

Präzises Verfehlen war das Groove-Konzept, mit dem D'Angelos Album „Voodoo“ heute vor 20 Jahren die Popmusik revolutionierte. Die Single „Untitled (How Does It Feel)“ daraus ist heute unser Track des Tages.

D’Angelo (Foto: Mary Ellen Matthews)

Präzises Verfehlen ist D’Angelos Fluch und Segen. In musikalischer Hinsicht kam das punktgenaue Neben-den-Punkt-Spielen auf seinem 2000er Album „Voodoo“ einer leisen Revolution gleich. Ein Einfluss, der bis jetzt fortwirkt. Und das sind heute immerhin auf den Tag genau 20 Jahre, denn am 25. Januar 2000 erschien dieses erste große Soul-Album des neuen Jahrtausends. „Voodoo“ begeisterte gleichermaßen ein Pop-Publikum zwischen Nerds und Mainstream; die Presse und studierte MusikerInnen. Was ein ziemlich rarer Konsens ist.

Bereits 1995 hatte der gelernte Kirchenmusiker Michael Eugene Archer aka D’Angelo auf seinem Debütalbum „Brown Sugar“ das Neo-Soul-Genre quasi erfunden. Fünf Jahre ließ er sich für „Voodoo“ Zeit und arbeitete in der Zeit nicht nur an seinem Falsettgesang und Songwriting, sondern erfand das wichtigste Groove-Konzept der beiden folgenden Jahrzehnte. Bassist Pino Palladino und Schlagzeuger Questlove sahen sich vor der Aufgabe, zu tun, was für eine Rhythmussektion normalerweise ein Kündigungsgrund ist. Denn D’Angelo forderte sie auf, neben den Punkt zu spielen. Immer und immer weiter, als ihnen lieb war. Präzises Verfehlen der Zählzeiten war D’Angelos Vision, und die Rechnung ging auf. Alle, die etwas auf sich hielten wollte in der Folge des Albums spielen wie die Musiker auf „Voodoo“. Insofern erwies D’Angelo HipHop- und R&B-Beats einen ähnlichen Dienst wie der Produzent J Dilla mit seinem Sampler: die Emanzipation vom Metronom.

Und das Beste an der ganzen Sache: Man brauchte überhaupt keinen theoretischen Überbau für diese Musik. Soul trieft aus den Songs, weswegen sie funktionieren, ohne dass man bemerken müsste, wie ungewöhnlich sie eingespielt sind. Im Video zum Stück sieht man D’Angelo auch körperlich auf einem Höhepunkt der Disziplin. Und vielleicht war es genau dieses Video, was D’Angelo im Anschluss bremste. Denn alles war auf eine Superstar-Karriere hin angelegt. Ein Druck, dem der Künstler nicht standhalten konnte. Denn erst 2014 erschien mit „Black Messiah“ ein neues Album. Dazwischen: Schreibblockaden, Substanzen, Getränke, Depressionen.

„Voodoo“ von D’Angelo ist heute vor 20 Jahren am 25. Januar 2000 erschienen. Die Single „Untitled (How Does It Feel)“ ist heute unser Track des Tages. Hört und seht sie Euch hier an:

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