Skinshape – „Umoja“ (Rezension)

Cover des Albums „Umoja“ von Skinshape

Skinshape – „Umoja“ (Lewis Recordings)

7,6

„Umoja“, das neue Album des Nordlondoner Projekts Skinshape, groovt offen und swingt rund. Skinshape heißt bürgerlich William Dorey und fügt perkussionslastige Musikstile zu weltumspannendem Funk. Ursprünglich eher aus Downtempo-Gefilden kommend, ist nun sein sechstes Album ganz eindeutig eine Tanzplatte. In manchen Augenblicken schubst „Umoja“ die geneigten Hörer*innen in eine gemächliche, aber schweißtreibende Tanzflächenpartie. Den Opener, das in brasilianischem Portugiesisch gesungene „Sua Alma“ kann man als akkurates Exposé verstehen. Eine musikalische Zusammenfassung dessen, was sich über die kommende Dreiviertelstunde entfalten wird. Das Portugiesisch mag brasilianisch sein, der Groove erinnert aber auch an westafrikanische Highlife-Musik, Calypso oder Stile der Kapverdischen Inseln. Was auf dem Papier vielleicht nach postmodernistischem Eklektizismus (oft ein fancy Ausdruck für Willkür) klingt, tönt aus den Lautsprechern schlüssig. Und offenbart sogar durch die Stimmigkeit der Tunes in sich, mit all ihren Stilen, geradezu Intimes. Den persönlichen Groove von William Dorey nämlich.

Erkenntnis, Perspektiven und Funk

Auf „Umoja“ manifestiert sich naturgemäß auch Skinshapes musikalische Biografie. Kein „weltmusikalischer“ Patchwork-Quatsch käme bei William Dorey unter die Plattennadel. Dafür liebt und respektiert er seine Quellen viel zu sehr. Er kommt ursprünglich vom HipHop, betreibt das Reggae-Label Horus Records und war einst auch Indie-Rock-Bassist. Ein weiter Horizont! Wenn er nun von „Afrobeat“ spricht, dann weiß er genau, wovon er redet. Es genügt ihm nicht, mal eben so ein bisschen vermeintlichen Fela-Kuti-Zauberstaub auf seinen Beat zu streuseln. Vielmehr will er gerade nicht nach Fela Kuti klingen, wenn seine Musik Highlife-Einflüsse aufnimmt. Das tun ja bereits genügend andere, und meistens verheben sie sich. Ebenso wenig nimmt Dorey die schäbige Abkürzung zu internationalem Kolorit. Etwa durch Sprachsamples oder – noch schlimmer – Imitationen. Wenn Skinshape ans Mikrofon bittet, fragt er Menschen, die nicht nur etwas vom Gesangsfach und dem Musikstil verstehen. Sondern auch die jeweilige Sprache sprechen. Und für ghanaische Perkussion heuert er ghanaische Perkussionisten an.

Beim Track „Afande“ singt der Kenianer Idd Aziz auf Suaheli. Nicht nur Groove und Glaubwürdigkeit zeichnen das Stück aus, auch die ungewohnte Perspektive ist hier wichtig. Der Text handelt von einer Polizistin, doch es geht nicht um rassistische Gewalt. Die ist verständlicherweise eines der wichtigsten Themen aktueller US-Tracks. Doch Kenia ist nicht die USA und Afande die angehimmelte Adressatin des Songs. Neben Dorey und den Genannten ist der Senegalese Modou Touré der vierte Sänger im Bunde. „Umoja“ vereint vier Sänger*innen, etliche Sprachen und noch mehr Genres zu einer erstaunlich konsistenten Sache. Musikalische und textliche Perspektiven ergänzen einander auf „Umoja“ zu einem erkenntnisreichen funky Groove-Ding.

Veröffentlichung: 19. Juni 2020
Label: Lewis Recordings


Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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