Chuckamuck – „Chuckamuck“ (Rezension)

Foto des Covers von Chuckamuck - Chuckamuck – „Chuckamuck“ (Staatsakt)

8,5

Es ist ein Klischee der Rock-Musik-Narrative: Die junge Schülerband, die als Teenager auf einem einflussreichen Label landen und mit 17 Lenzen schon erwachsener klingt als alteingesessene Poeten. So war das bei dem Berliner Garage-Rock-Quartett Chuckamuck, vier naseweise Typen, die schon auf ihrem jugendlich-dringlichen Debüt „Wild For Adventure“ altersmüde-melancholische Züge vorweisen konnten. Auf ihrem selbst-benannten dritten Langspieler rücken sie diese endgültig in Vordergrund. Es ein nachdenkliches, wunderschönes Album geworden.

Die musikalischen Wurzeln von „Chuckamuck“ scheinen tief im Weirdo-Indie-Rock der 90er-Jahre vergraben zu sein: In „Am Strand von Koh Phangan“ rumpelt es ähnlich wie bei Neutral Milk Hotel und die Lead-Gitarre in der Vorabsingle „Roboter Der Liebe“ torkelt charmant windschief wie die auf den frühen Silver-Jews-Alben. Anderswo schlenkern Chuckamuck in Richtung Creedence Clearwater Revival aus, wie im angemessen bluesigen „8am Blues“, für den Swans-Mitglied Kristof Hahn eine psychedelische Slide-Gitarre beisteuert. Hier traut sich die Band sogar, ausgiebig mit ausgelutschten Americana-Klischees zu spielen: „And I move along / Just like a rolling stone“.

Zwischendrin wird auch noch ordentlich herumgerockt: „Berliner Luft“ ist ein rotziges Stück Großstadtmusik, zwischen Metropolen-Paranoia und tröstendem Alkoholismus. Der einzige Balsam für die Seele ist der Pfefferminzschnaps. Und in „Asche und Gold“ wird mit hektischem Garage-Rock Berlin auf der Suche nach Profit in Schutt und die namensgebende Asche gelegt.

Das große Meisterwerk des Albums ist „20.000 Meilen“, ein gleichermaßen abgeklärtes wie sehnsüchtiges Trennungslied, auf dem auch Saba Lou Khan, die Tochter von King Khan zu hören ist. Sänger und Gitarrist Oska Wald findet hier einfache Worte für große Emotionen, singt mit der Lakonie eines Sven Regeners Zeilen wie „Schau mich nicht so an / Mach es nicht extra schwer / Du musst mir glauben, wenn ich sage, dass ich so gern‘ anders wär“.

Zum Abschluss lehren Chuckamuck den alten Mutter-Song „Die Erde wird der schönste Platz im All“ das Schunkeln: Die Verzweiflung des Originals verwandeln sie in bittersüße Melancholie, plötzlich klingt das Lied wie ein schöner Abspann-Soundtrack zu einem imaginären Roadmovie. Eben diese lakonische Melancholie haben Chuckamuck auf diesem Album perfektioniert, eine Platte, die wie für ziellose Roadtrips in Richtung Wilder Westen gemacht zu sein scheint.

Veröffentlichung: 1. September 2017
Label: Staatsakt

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