Japanese Breakfast – „Soft Sounds From Another Planet“ (Rezension)

Cover des Albums Japanese Breakfast – „Soft Sounds From Another Planet“ (Dead Oceans)

7,5

War „Psychopomp“, die letzte Veröffentlichung von Michelle Zauner aka Japanese Breakfast, noch ein Album über die Krebserkrankung ihrer Mutter, arbeitet die ehemalige Sängerin und Gitarristin der US-Indie-Rock-Band Little Big League auf „Soft Sounds From Another Planet“ mit deutlich abstrakteren Themen: Roboterliebe, Taucherfrauen, Oralsex im Auto und Jimmy Fallon. Doch der „andere Planet“, den sie mit diesen Motiven beschreibt, hat auch Platz für menschliche Emotionen. Zauner hat das Trauma ihrer frühen Platten überwunden – „Soft Sounds From Another Planet“ ist ein Album über die menschliche Unverwüstlichkeit geworden.

Ein starkes Bild dafür sind die bereits erwähnten „Taucherfrauen“ aus dem Eröffnungsstück „Diving Women“: Sie sind auf der südkoreanischen Insel Jeju-Do berühmt dafür, ohne Pressluftflaschen nach seltenen Meeresfrüchten zu tauchen. Allein mit der Kraft ihrer Lungen trotzen sie den Kräften der Natur. „I Want It All“ singt Zauner dazu über einen stetig voranschreitenden Beat, bis der Song nach weniger als zwei Minuten von einer brutal verzerrten E-Gitarre massakriert wird. Doch ähnlich wie die titelgebenden Frauen trotzt Zauner dem Noise und lässt ihn über die restliche Länge des Stücks mit Beat und Gesang harmonieren.

Neben der thematischen Vielfalt hat sich auch der Sound von Japanese Breakfast verändert: „Machinist“, die erste Single, ist ein seltsames Stück Sci-Fi-Pop. Nach einem melancholischen Spoken-Word-Intro („I don‘t know what happened / Was it always this way?“) katapultieren eine nostalgische 808-Drum-Maschine und an Vangelis erinnernde Synthesizer den Song direkt in die 80er-Jahre. Darüber singt Zauner mit seichtem Autotune ein Liebeslied an einen Roboter, der im dazugehörigen Musikvideo beängstigenderweise stark Hal 9000 aus „2001 – Odyssee im Weltraum“ ähnelt. Trotz der Roboter-Thematik hat der Song einen emotionalen Kern, der vom kathartischen Saxophon-Solo am Ende stimmig abgerundet wird. Diese effektive Nostalgie zeichnet auch das Arrangement von „Boyish“ aus: Hier kontrastiert Zauner von klebrigen Streichern durchtränkten Roy-Orbison-Kitsch mit nüchternen, herzzerreißenden Worten – „I want you and you want something more beautiful“.

Diese bizarren Pop-Experimente sind die Höhepunkte von „Soft Sounds From Another Planet“, Songs die aus einer überzeichneten Ästhetik reale Emotionen gewinnen. Im Vergleich zu ihnen verblassen jedoch die eher konservativen Stücke des Albums, so wie der Titeltrack, der wie eine halbgare Version eines Angel-Olsen-Songs daherkommt, oder „Jimmy Fallon Big!“, ein müdes Bisschen Space-Pop mit albernem Namen. Trotzdem entpuppt sich „Soft Sounds From Another Planet“ als ein faszinierendes Album, das gerade durch seine Höhen und Tiefen wunderbar unvorhersehbar bleibt.

Veröffentlichung: 14. Juli 2017
Label: Dead Oceans

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