Kalamaluh "What's Broken" – Farewell David Crosby
Walross-Schnauzbart, bunte Wollmützen, wallend graues Haar, eine Stimme wie Samt und Seide und eine große Schnauze gleich dazu: David Crosby war eine der markantesten Figuren der Folk-Rock-Szenerie, seit die Hippies in den 60ern begannen, den Laurel Canyon in L.A. und Haight-Ashbury in San Francisco komplett umzukrempeln. Mit 81 Jahren ist Crosby gestorben – nach vielen gesundheitlichen Problemen, aber auch einem musikalisch erstaunlich jugendlich klingenden vierten Frühling mit immerhin fünf Studioalben und einem Livealbum seit 2014.
Die Geschichte wird ihn aber vor allem als Gründungsmitglied der Byrds an der Seite von Gene Clark und Roger McGuinn und natürlich als ein Drittel beziehungsweise Viertel von Crosby, Stills, Nash & Young in Erinnerung behalten. Crosby hat den Harmoniegesang in Folk-Gruppen revolutioniert, zwischen Nash und Stills sang er die Mittelstimme – die schwierigste: Er war der Fixpunkt für die anderen. Doch so sehr er ein musikalisch ausgesprochen harmonischer Mensch war, war er menschlich wohl mindestens schwierig, wenn nicht ein Arschloch. Crosby hatte es sich mit seiner unbeirrbaren No-Bullshit-Art mit so ziemlich jedem verscherzt. Er war immer meinungsstark, und seine Meinungen schlugen nicht selten in Beleidigungen um.
Im Dokumentarfilm "David Crosby: Remember My Name" (2019) von Cameron Crowe blickt der alt gewordene Crosby geknickt in die Kamera: "Ich war nicht einfach. Großes Ego. Kein Verstand. Alle, mit denen ich Musik gemacht habe, sprechen nicht mehr mit mir. Ich bin allein." Neil Young? Graham Nash? Roger McGuinn? Sie alle haben ihm den Rücken zugewandt. So traurig Crosby da guckt und spricht, er könnte einem regelrecht leidtun. Wären da nicht eben all die Verfehlungen, die er sich selbst über 60 Jahre hinweg geleistet hatte. Für Crosby zählte immer die Musik, ein Leben ohne konnte er sich niemals vorstellen: "Ohne Musik? Keine Chance. Musik ist das Einzige, was ich anbieten kann."
Zumindest mit einer neuen Generation hat er auf späte Tage noch einen musikalischen Frieden gefunden. Mit seinem Sohn James Raymond hat er seine letzte Studioplatte "For Free" geschrieben. Mit Becca Stevens, Michael League und Michelle Williams hat Crosby zudem drei Musiker*innen aus dem erweiterten Jazz-Spektrum gefunden, die seine Leidenschaft für ausgeklügelte Arrangements und komplexen Harmoniegesang teilen.
Farewell David Crosby. Deine Stimme war immer Balsam.
Weitere Ausgaben von Kalamaluh
Playlist
1. |
David Crosby / What’s Broken Croz / Blue Castle Records |
… |
2. |
The Byrds / Eight Miles High Fifth Dimension / Legacy Records |
… |
3. |
Crosby, Stills & Nash / Long Time Gone Crosby, Stills & Nash / Atlantic |
… |
4. |
David Crosby / Rodriguez For A Night For Free / BMG |
… |
5. |
David Crosby & Sarah Jarosz / For Free For Free / BMG |
… |
6. |
Crosby, Stills, Nash & Young / Almost Cut My Hair Deja Vu / Atlantic |
… |
7. |
Neil Young / Alabama Harvest / Reprise |
… |
8. |
Phil Collins / Another Day in Paradise Another Day in Paradise / Atlantic |
… |
9. |
David Crosby, Michelle Willis, Becca Stevens & Michael League / Other Half Rule Here If You Listen / BMG |
… |
10. |
David Crosby / Tamalpais High (at about 3) If I Could Only Remember My Name… / Atlan-tic |
… |
11. |
David Crosby / Tracks In The Dust Oh Yes I Can / A & M |
… |
12. |
Crosby, Stills & Nash / Shadow Captain CSN / Atlantic |
… |
13. |
David Crosby & The Lighthouse Band (Michelle Willis, Becca Stevens, Michael League) / Woodstock Live At The Capitol Theatre / Three Blind Mice |
… |
14. |
David Crosby / Find A Heart Croz / Blue Castle Records |
… |
Kommentare