El Michels Affair meets Liam Bailey – „Ekundayo Inversions“ (Big Crown Records)
Leon Michels, New Yorker Musiker, Produzent und Songwriter, ist in der Welt der Throwback-Musik eine omnipräsente Figur. Michels war in den Nullerjahren Teil von gleich zwei einflussreichen Retro-Soul-Bands: Sharon Jones & The Dap-Kings und Lee Fields & The Expressions. Als Teil des Produzenten-und Label-Duos Truth & Soul arbeitete er an unzähligen LPs mit, von Jungstars wie Aloe Blacc bis zu gestandenen Legenden wie Dr. John. 2016 gründete er dann zusammen mit Danny Akalepse das Label Big Crown Records, das unter anderem die musikalische Heimat von Retro-Acts wie Bobby Oroza oder The Shacks ist. Mit seiner aktuellen Formation El Michels Affair hat er erst im Frühjahr 2021 das Album „Yeti Season“ veröffentlicht – eine Hommage an türkischen und indischen Retro-Funk und -Soul. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich Michels in dieser Welt sehr gut auskennt.
Eines der jüngeren Alben, die Michels produzierte, ist „Ekundayo“, das 2020 veröffentlichte zweite Album von Liam Bailey. Der britische Musiker und sein Produzent experimentierten darauf sowohl mit kunstvollen R&B-Sounds als auch mit Reggae und Dub. Bailey konnte sich hier seinen jamaikanischen Wurzeln nähern, für Michels war dies jedoch mehr oder weniger musikalisches Neuland. Es scheint den Beiden auf jeden Fall gefallen zu haben: Denn Bailey und Michels haben das Album nun erneut aufgenommen – und zwar als Dub-Version.
Organischer, detailverliebter Dub
Das ist, der Geschichte des Genres geschuldet, erst einmal nicht überraschend. Das Remixen hat im Dub lange Tradition: Pionierfiguren wie King Tubby oder Lee „Scratch“ Perry starteten das Genre mit durch Hall- und Delay-Effekte gejagte Neuaufnahmen von älteren Reggae-Mixen. Michels und Bailey folgen dieser Tradition, wenn auch etwas aufwändiger: Ihre „Ekundayo Inversion“ sind keine Remixe, sondern komplette Neuaufnahmen.
Überraschender ist, mit welcher Leichtigkeit das Ergebnis aus den Boxen wummert. „Ekundayo Inversions“ ist kein experimentelles Gimmick. Die Songs wirken eher so, als hätten sie schon immer so geklungen. Michels audiophile Detailverliebtheit lässt den Bass weich und rund erscheinen und auch die restlichen Instrumente strahlen klar definiert durch den Dub-Nebel. Baileys warme Stimme klingt im besten Sinne aus der Zeit gefallen. Selbst die im Original weit vom Thema entfernten Stücke wie „Don’t Blame NY“ (das sich in seiner ursprünglichen Version sehr gut in Frank Oceans R&B-Meilenstein „Blonde“ einfügen könnte) klingen hier nach organischem Dub. Auf „Ugly Truth“ ertönt sogar der auditive Ritterschlag: in Form eines Gastauftritts von Genre-Meister Lee „Scratch“ Perry persönlich.
Veröffentlichung: 13. August 2021
Label: Big Crown Records