Neue Platten: Bill Ryder-Jones – „If…“

Von susanneschuett, 14. November 2011

(Domino)

9,0

„When I’m making music, it’s always with a place in my mind“, sagt Bill Ryder-Jones, Gründungs-, und seit 2008, Ex-Mitglied der Psychedelic-Indie-Band The Coral. Nach mehrmaligem Hören seines Debütalbums bin ich davon mehr als überzeugt.

Während er sich als Lead-Gitarrist und Trompeter bei der Liverpooler Kritikerband mehr seiner wilden und psychedelischen Seite gewidmet hat, konzentriert er sich nun in seinen Solo-Projekten gänzlich darauf, Klänge schön zu kombinieren. Dies schickt seine Hörer auf klangvolle Reisen an die nordwestlichen Küsten Englands. Genauer gesagt nach West Kirby. Der Einfluss der rauen Natur, die den Künstler in seiner Heimat umgibt, ist dem jungen Komponisten deutlich anzumerken. Die Gezeiten des Meeres, das Heulen des Windes oder das Tropfen des englischen Regens spiegeln sich bereits in den ersten beiden Stücken seines Debüts “If…” unverkennbar wieder (“If…”, “The Reader”).

Auch bei seiner ersten Veröffentlichung, welche er als EP, unter dem klangvollen Titel “A Leave Taking Soundtrack” veröffentlichte und die der musikalischen Untermalung des gleichnamigen Kurzfilmes diente, wird sein Talent deutlich, Musik inspiriert von Kunst und Poesie zu schreiben. Eben dieses brachte wohl auch den Geschäftsführer des bekannten Labels Domino (The Kills, Franz Ferdinand u.a.) auf die Idee, Bill könnte sein Erstlingswerk einem imaginären Film widmen. Doch er nahm sich Größeres vor und wählte den Roman “Wenn ein Reisender in einer Winternacht” (“Se una notte d’inverno un viaggiatore”) des italienischen Schriftstellers Italo Calvino als Mittelpunkt seiner musikalischen Reise: „It had been a revelation for me when I first read it.“

Eine Offenbarung ist für uns hingegen, wie kunstvoll sich Bill dieser Herausforderung gestellt hat. Bei der Produktion von “If…” verzichtete der 28-Jährige fast ausschließlich auf seine Gitarre und setzte stattdessen auf eines der ältesten Sinfonieorchester, das Royal Liverpool Philharmonic Orchester. Auch bei der Wahl der Produktionsorte setzte der Musiker Akzente, dazu bediente er sich unter anderem der Akustik einer skandinavischen Kirche (“By The Church Of Apollonia”). Auch die Einflüsse seiner Vorbilder (Yann Tiersen, Ennio Morricone) sind in einigen Stücken durchaus zu erahnen, werden aber zu keinem Zeitpunkt platt imitiert.

“If…” kommt, weitestgehend, ohne stimmliche Ausschmückung aus. Bei “Le Grand Desordre” wagt der Musiker allerdings doch einen kleinen Ausflug in die Singer/Songwriter-Richtung und greift zu vertrautem Mikrofon und Gitarre. Auch am Ende darf sich der geneigte Hörer an Ryder-Jones‘ sanfter Stimme erfreuen. Mit “Give Me A Name” endet eine klangvolle Reise durch ein absolut gelungenes Debüt, welches den Hörer zurücklässt, mit dem Wunsch nach mehr “stuff you can let your mind wander in”, wie es der Künstler selbst ausdrückt.

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