Beyoncé – „Renaissance“ (Album der Woche)

Cover des Albums „Renaissance“ von Beyoncé, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Beyoncé – „Renaissance“ (Columbia)

Oft wurde es schon totgesagt: das kunstvoll kuratierte Mainstream-Pop-Album. Für jedes beeindruckend komponierte Kendrick-Lamar- oder Rosalía-Opus gibt es Dutzende Laue-Lüftchen-LPs. Acts wie DJ Khaled, Ed Sheeran oder Machine Gun Kelly können ohne große Mühe irgendein viel zu langes Album auf das Content-Fließband schmeißen und generieren alleine durch ihren Namen Milliarden Streams. So hat es auch Drake, der amtierende Meister im kreativen Niedrigstapeln, in diesem Jahr bereits gemacht. „Honestly, Nevermind“ heißt seine im Juni erschienene LP. Vermarktet als eine House- und Dance-Neuerfindung, in Wirklichkeit aber ein unfassbar ermüdendes, über sich selbst einzuschlafen scheinendes Produkt, das einem in seiner endlosen Trägheit den Glauben an das Konzept „Pop-Album“ zu zerstören vermag.

Und dann kommt Beyoncé um die Ecke und zeigt, wie man’s richtig macht. Die US-amerikanische Sängerin ist bereits seit ihren Tagen als Teil von Destiny’s Child eine der schillerndsten Figuren im Pop. Und, obwohl sie niemandem auf diesem Planeten noch irgendetwas beweisen muss, gleichzeitig ein Garant für feinsinnige und detailverliebte Albumkunst. Man erinnere sich an ihre letzten beiden Platten: das 2013 erschienene selbstbetitelte Gesamtkunstwerk oder das genauso persönliche wie politische 2016er Highlight „Lemonade“. Nun ist sie sechs Jahre später mit ihrem siebten Soloalbum zurück!

Nostalgische Blockbuster-Party

Genau wie Drakes „Honestly, Nevermind“ ist „Renaissance“ eine sehr auf die Tanzfläche ausgerichtete Angelegenheit. Nur greift Queen Bey deutlich tiefer in die (afroamerikanische) Musikgeschichte: Neben House- und Dance-Beats liegt der Fokus auf Funk, R&B und Disco. Das Fundament dafür legen die zahlreichen Produzent*innen und Feature-Gäste wie unter anderem Raphael Saadiq oder Syd, Mitglied des Funk-Kollektivs The Internet und Produzent*in der butterweichen Funk-Ballade „Plastic Off The Sofa“. DJ und Produzentin Honey Dijon arbeitete an dem Dancefloor-Banger „Cozy“ mit. Ein Feature-Gast auf der Afrohouse-Hymne „Move“ ist Art-Pop-Diva Grace Jones. Chic-Gitarrist und Produzent Nile Rodgers steuert für „Cuff It“ authentische Chickenscratch-Riffs bei. Und auch die (laut Kelis nicht immer voll geklärten) Samples sind maximal nostalgisch: Der Album-Abschluss „Summer Renaissance“ ist eine Variation auf Donna Summers elektronischen Disco-Klassiker „I Feel Love“.

Auch die Stimme von Beyoncé ist auf „Renaissance“ in absoluter Höchstform. Das Album umfasst ihr volles Toolkit, von präzisem Rap („Alien Superstar“) bis zu lustvollem Crooning-Geflexe. Neben all der sinnlichen Feierei gibt es auch Platz für Statements („America Has A Problem“) und verletzliche Momente: In „Heated“ verneigt sich Beyoncé vor ihrem verstorbenen Onkel Johnny, der ihr einst die Musik der queeren House-Szene zeigte. Ein passendes Tribut für ein Album, das sich in vielen Momenten auf das Vermächtnis von LGBTQI+-Künstler*innen beruft. Und dann ist da noch die makellose Zusammenstellung dieser LP. Die ersten sechs Tracks fließen organisch ineinander über. Ein fantastisches DJ-Set, das in der 90s-Revival-Party der Single „Break My Soul“ kulminiert. Allein dieser Anfang demonstriert, wie viel Spaß so eine Blockbuster-Platte machen kann. Laut eigener Aussage soll „Renaissance“ nur der erste von drei Akten sein. Das Medium „Mainstream-Pop-Album“ dürfte also auf jeden Fall noch ein paar Jahre am Leben bleiben …

Veröffentlichung: 29. Juli 2022
Label: Columbia

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

Das könnte Dich auch interessieren:



Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.