Station 17 – „Blick“ (Album der Woche)

Station 17 - „Blick“ (Album der Woche)

Station 17 – „Blick“ (Bureau B)

Station 17 war noch nie eine Band, die gerne auf der Stelle tritt. Seitdem das Kollektiv vor knapp 30 Jahren von MusikerInnen mit und ohne Behinderung gegründet wurde, wurden viele Rückwärtsrollen geschlagen. Alleine in den letzten sieben Jahren hat sich die Hamburger Gruppe vom höchst experimentellen Collagen-Rock der 2011er LP „Fieber“ zu der puren Pop-Musik des letzten Albums „Alles Für Alle“ entwickelt. Mit ihrer zehnten Platte „Blick“ gelingt der Band nun der Balanceakt zwischen diesen beiden Polen, zwischen furchtlosem Experiment und unwiderstehlichem Pop – und ergibt sich dabei ganz dem Kraut-Rock.

Schon mit der ersten Single „Dinge“ reist die Band zurück in die „Future Days“ von Can: Die blubbernden Synthesizer und die pulsierende Bassline klingen wie aus der Werkstatt von Irmin Schmidt und Holger Czukay. Dazu geben der improvisationsaffine Gastmusiker Andreas Spechtl (Ja, Panik) und Station-17-Sänger Siyavash Gharibi im Duett den Damo Suzuki, jedoch mit einer Extraportion Wiener Lässigkeit: „Die Dinge starren mich an / Ich dreh mich nicht um / Ich dreh mir eine Cigarette, ich halt das aus.“

Repetitiver Kraut-Rock & hypnotischer Optimismus

Passend zu den omnipräsenten Sound-Referenzen haben sich Station 17 auch einige Altmeister der deutschen Kunstmusik eingeladen: Im jazzig-repetitiven Eröffnungsstück „Le Coeur léger le sentiment d’un travail bien fait“ schauen die Kraut-Legenden Faust auf einen Besuch vorbei, während Berliner-Schule-Urgestein Günther Schickert der Spoken-Word-Electronica „Der Schimmelreiter Rückwärts“ seine Stimme leiht. Anderswo stellt die Band im Call-and-Response mit NDW-Veteran Andreas Dorau dringende Fragen des Social-Media-Zeitalters: „Schaust du wirklich gerne zu / Bei dem was ich so tu?“

Doch all die alteingesessenen Gäste sind eigentlich nur schmückendes Beiwerk: Die Band braucht keine Kraut-Prominenz, um ihren hypnotischen Optimismus zu verteilen. Gemeinsam mit dem Produzenten Dirk Dresselhaus aka Schneider TM haben sie neun dichte Klangteppiche gewebt, die sowohl die Synapsen verknoten als auch ein Lächeln ins Gesicht zaubern können. Jetzt bleibt es nur, gespannt auf das nächste Album zu warten – und sich auf die nächste Rolle rückwärts von Station 17 zu freuen.

Veröffentlichung: 9. März 2018
Label: Bureau B

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