DJ Koze – „Knock Knock“ (Album der Woche)

DJ Koze - „Knock Knock“

DJ Koze – „Knock Knock“ (Pampa Records)

Ob als MC bei Fischmob, als Teil der Supergroup International Pony oder als samplender Spaßvogel Adolf Noise: Seit seinen frühen Tagen vollführt Stefan Kozalla den komplizierten Drahtseilakt zwischen verschrobener Sperrigkeit und Pop. Ein Künstler, der im selben Jahr das Techno-Meisterwerk „Kosi Comes Around“ und die bizarre Dada-Collage „Wo die Rammelwolle fliegt“ veröffentlichen kann. Doch auf „Knock Knock“, seinem vierten Album unter dem Namen DJ Koze, klingt die Welt des Stefan Kozalla so einladend wie nie zuvor, mit noch mehr warmen Klangfarben als auf dem Vorgänger „Amygdala“ und noch mehr bekannten Stimmen, die einen durch diese verschwurbelten elektronischen Landschaften leiten. Und dennoch ist dieses Album durch und durch ein Produkt von DJ Koze – einem der schrägsten Hirne der Gegenwart.

Verwachsene Gedanken

Kein Song macht diese neue Offenheit klarer als das einleitende „Club der Ewigkeiten“, in dem euphorische Soul-Harmonien und Jazz-Flöten über einem gemütlichen Downtempo-Beat explodieren. Im Nachfolger „Bonfire“ wird man dann auch schon vom ersten Albumgast an die Hand genommen: Ein gesampleter Bon Iver singt Zeilen aus seiner 2011er Single „Calgary“, begleitet von astralen Electronica-Synthies und der omnipräsenten Four-To-The-Floor-Bassdrum.

Doch der US-amerikanische Indie-Folk-Darling ist nur die Spitze des Eisbergs der Talente, die Kozalla auf „Knock Knock“ versammelt hat: Das Atlanta-HipHop-Urgestein Speech, bekannt als Frontmann von Arrested Development, gibt in „Colors Of Autumn“ den melancholischen Funksänger, José González ergänzt die Psychedelia-Etüde „Music On My Teeth“ mit seiner warmen Stimme und Lambchop-Mastermind Kurt Wagner packt in „Muddy Funster“ wieder den Vocoder aus.

Mit Róisín Murphy scheint Kozalla eine Muse gefunden zu haben, gleich zwei Mal wird die irische Künstlerin auf dem Album zur erhabenen Cyborg-Funk-Diva. Auch Raum und Zeit stellen für die Wahl der musikalischen Gäste kein Hindernis dar: In „Pick-Up“ transportiert DJ Koze Gladys Knights Single „Neither One Of Us (Wants To Be The First To Say Goodbye“) aus dem Jahr 1972 in die Gegenwart und lässt die Soul-Ikone über ein sonnig groovendes Stück French-House singen.

„Alle anderen haben‘s eilig / Und Du fragst Dich, was sie wohl tun / Denn Du tust nichts“, heißt das Mantra, dass Koze am Ende dieses Albums Sophia Kennedy in den Mund legt. Umgeben von himmlischen Soul-Harmonien breitet die Wahlhamburgerin diese Worte mit roboterhafter Nüchternheit aus, die auf dem letzten Wort für eine fast schon verstörende Sekunde ausbricht. „Die besten Gedanken entstehen doch dann / Wenn sie verwachsen“, heißt es, und während „Knock Knock“ langsam zu Ende geht, denkt man sich: Dem Kozalla ist er erneut geglückt, dieser Drahtseilakt zwischen Weirdness und Pop.

Veröffentlichung: 4. Mai 2018
Label: Pampa Records

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