Villagers – „The Art Of Pretending To Swim“ (Album der Woche)

Villagers – „The Art Of Pretending To Swim“ (Album der Woche)

Villagers – „The Art Of Pretending To Swim“ (Domino)

Die Art von Indie-Folk, die Conor O‘Brien zusammen mit seiner Band unter dem Namen Villagers produziert, war eigentlich nie richtige „Folk-Musik“. Der Musiker aus Dublin garnierte seine Songs seit dem 2010er-Debüt „Becoming A Jackal“ mit Electronica-Sounds und elektrischem Bass-Dröhnen. Das Ergebnis waren Songs, die auch mal in einem dissonanten Schlagzeug-Freakout enden konnten. Es schien, als wäre das Bild vom klassischen Singer-Songwriter mit Akustikgitarre sein größter Feind.

Die Ausnahme machte „Darling Arithmetic“ aus dem Jahr 2015, das bisher letzte Studioalbum des Quintetts. Eine offenherzige Folk-Platte, auf der O‘Brien sich so zurückgenommen und nackt wie nie zuvor zeigte. Es sollte das letzte Aufbäumen seines inneren Liedermachers gewesen sein: Das nun erscheinende vierte Album ist meilenweit von den Beschränkungen des sogenannten Indie-Folk entfernt. Stattdessen präsentieren Villagers mit „The Art Of Pretending To Swim“ einen eklektischen Strudel aus Soul, Folktronica und Barock-Pop, der einen im sanften Sog Richtung Meeresboden zieht.

Schwimmen im mondförmigen Pool

Song Nr. 1 „Again“ macht bereits klar, was alles in diesem Album steckt: Ein klassisches Zupfmuster, begleitet von mechanischen 808-Beats, bis am Ende ein mächtiger Moog-Synthesizer den Song verschlingt. O‘Briens Lyrik ist dabei voller abstrakter Melancholie: „I let it flow / Into a bottomless hole again“, säuselt er über dieses warme Gewitter von einem Song.

O‘Briens spielerischer Umgang mit wieselflinkem Gitarrengezupfe und verstelltem Gesang erinnert an Dirty Projectors, seine mehrdimensionalen Arrangements an die barocke Schönheit von Grizzly Bear. Was er seinen KollegInnen auf dieser Platte voraus hat, ist Swagger: „Love came with all that it brings / Including the fact that it stings / Like a motherfucker“, ist die Zeile des Jahres, die O‘Brien in „Love Came With All That It Brings“ im zartesten Falsett vorträgt. In „A Trick Of The Light“ steuert ein warmer Bass-Groove eine Portion R&B zu diesem Stilmix bei, in „Long Time Waiting“ wird sogar ordentlich geglitcht und gefunkt.

Dabei verlieren Villagers zum Glück nie, was ihre Musik so groß macht: Das Gespür für große Empathie und große Trauer. Im letzten Song „Ada“ umarmen sich Piano und Gitarre, umringt von astralen Chorstimmen und Bläsern, als würde O‘Brien kopfüber in den mondförmigen Pool springen, den Radiohead auf ihrem letzten Album geschaffen haben. Und dieser Mann muss einem nichts vormachen: schwimmen, das kann er.

Veröffentlichung: 21. September 2018
Label: Domino

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Jamie xx – „In Colour“ (Album der Woche)
    Dance-Musik macht Jamie xx glücklich. Mit seinem Debütalbum "In Colour" gibt der 26-Jährige ein Stück von diesem Glück weiter. "In Colour" ist ein in vielen Farben schillerndes House-Dubstep-Amalgam. Soundschnipsel aus Jungle-Dokus und hochkarätige Gäste treffen auf pluckernde Arpeggios, dröhnende Synths und lässige Beats....
  • Cover des Albums Yes Lawd! von NxWorries
    Knxwledge bastelt lässige Samples à la Madlib, Anderson .Paak rappt locker und mit viel Soul darüber. Ein paar uneilige Beats dazu – fertig ist „Yes Lawd!“, das Debüt der HipHop-Kollaboration mit dem Namen NxWorries....
  • Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)
    Mit "Desintegration" schauen Klez.e zurück ins Jahr 1989. Das Album ist eine Hommage an ihre Jugend und an damals wie heute vergötterte Wave-Bands wie The Cure, die Schwermut so schön in Musik verpackten....


Diskussionen

1 Kommentar
  1. posted by
    Marco
    Sep 19, 2018 Reply

    das Album tönt gut…so was ich die Woche über gehört habe 🙂

Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.