Suff Daddy – „Bird Songs“ (Jakarta)
8,0
Suff Daddy gehört zur ersten Generation deutscher HipHop-Beatmaker, die vor knapp zehn Jahren damit begannen, ihr eigenes Spielfeld abseits der deutschen Rap-Szene aufzubauen. Neben Dexter und Brenk Sinatra ist er ein Drittel der Betty Ford Boys, außerdem veranstaltet er die „Beatgeeks“-Partyreihe, bei der sich dienstags im Monarch am Kottbusser Tor die Berliner Szene trifft. Suffy war einer der ersten Producer des wichtigen „Hi-Hat Clubs“, den Großteil seiner Tracks veröffentlichte er seit 2007 beim wegweisenden Kölner Indie-Label MPM. „Bird Songs“, sein drittes Soloalbum, erscheint nun bei Jakarta, einem artverwandten HipHop-Label mit Dependancen in Köln und Berlin.
Die 11 „Bird Songs“ klingen exakt so, wie es das gewohnt starke Robert-Winter-Cover nahelegt: Nach endlosem Sommer und Sonnenuntergang. Dabei hat sich Suff Daddys Trademark-Sound aus einfachen Korg-Synthie-Melodien und entspannten 90-BPM-Grooves über die Jahre nie groß verändert, höchstens graduell aktualisiert: Die zischelnden Funk-Snares mussten zeitgemäß peitschenden Drum-Machine-Gerüsten mit reichlich Bass und Claps weichen. Bei Suffy stehen jedoch ohnehin mehr die Melodie und der Vibe im Vordergrund, als bei vielen seiner Beatdigger-Kollegen, die vor allem Wert auf ein perfektes Sounddesign oder eine besondere Sample-Auswahl legen.
In meinem Umfeld habe ich schon einige Stimmen gehört, die „Bird Songs“ unspektakulär finden. Andere bemängeln, dass es zu gefällig daherkommt. Beides stimmt, beides sehe ich aber nicht negativ. Oft sind es die auf den ersten Blick unspektakulären Platten, die sich als besonders alltagstauglich und langlebig erweisen. Tatsächlich habe ich die Promo-Version von „Bird Songs“ in den letzten Wochen häufiger gehört als jedes andere neue Album, das mir zuletzt zugeschickt wurde. Und was den Easy-Listening-Vorwurf angeht: Ich bin gerade deshalb so begeistert, weil der Platte jede Form von Aggressivität oder Sperrigkeit abgeht. Ich weiß es auch zu schätzen, dass Suff Daddy seine Beats mit interessanten Arrangements aufwertet. Denn wenn wir eins nicht brauchen, dann noch mehr Bandcamp-Producer, die mit Zwei-Minuten-Skizzen aus totgefilterten Loops auf ultrakomprimierten Drums langweilen. Das Spiel haben Wun Two und seine Erben längst durchgespielt.
Nur zwei Gäste sind auf der Platte gelandet: Producer-Kumpel Dexter und der kalifornische Sänger Mayer Hawthorne aus dem Stones-Throw-Umfeld, das für Suff Daddys Generation eine wichtige Inspiration war; Suffy hatte vor zwei Jahren bereits einen offiziellen Remix von dem Mayer-Hawthorne-/Kendrick-Lamar-Track „Crime“ abgeliefert. „If you’re a grown ass man, come and shake my hand“, singt Hawthorne auf ihrem neuen, gemeinsamen Song „Paper Proclamation“, und genau darum geht es hier: um geschmackvolle, Hölle ja, erwachsene HipHop-Beatmusik, die gerade deshalb so gut ist, weil sie so unprätentiös und unhip daherkommt. „Bird Songs“ wird mich durch den Sommer begleiten, denn es ist kein Einkaufszettel für Sample-Fetischisten, sondern ein verdammt gutes instrumentales HipHop-Album, für das die Bezeichnung als „Beat-Tape“ eine unverschämte Untertreibung wäre.
Suff Daddys „Bird Songs“ erscheint am 24. Juni 2016 bei Jakarta, kann jedoch jetzt schon vorbestellt werden.
Diskussionen
1 KommentareMichael
Jun 8, 2016Nicht schlecht, mein lieblings hip-hop producent