Zehn Fragen an: Christa Helbling (Wellenlänge)

Foto von ByteFM Moderatorin Christa Helbling

Christa Helbling moderiert alle vier Wochen die Sendung Wellenlänge bei ByteFM

Wer Musik macht, tut dies nicht im Vakuum, sondern ist oft Teil eines Netzwerkes – sei es durch Labels, Clubs, Produzent*innen, befreundete Musiker*innen oder Feature-Gäst*innen. Diese – durchaus naheliegende – Tatsache bildet das Grundgerüst für unsere Sendung Wellenlänge, in der Christa Helbling seit 2019 alle vier Wochen den musikalischen Verbindungen bestimmter Acts nachspürt. Dabei hat sie bereits die Netzwerke von Little Simz, Cate Le Bon, Dry Cleaning oder Scott Walker erforscht. Wir haben mit unserer Moderatorin unter anderem über prägende Bands und die Musikszene in ihrer Heimatstadt Winterthur gesprochen.

1. Liebe Christa, wie bist Du zu ByteFM gekommen?

Als ich bei SRF (öffentlich-rechtliches Schweizer Radio und Fernsehen) begann, arbeitete ich ausschließlich in der Musikprogrammierung. Bald wollte ich daneben wieder eine eigene Sendung haben – so wie ich es bei einem früheren Arbeitgeber hatte. Aus Konkurrenzgründen konnte ich damals in der Schweiz außerhalb von SRF keine Sendung machen. ByteFM kannte ich schon länger und fand das Konzept mit den verschiedenen Autor*innen-Sendungen von Anfang an toll. Meine Berner Kollegin Sandra Zettpunkt hat mir dann den Kontakt vermittelt – nun bin ich seit 2019 bei ByteFM und fühle mich sehr wohl bei Euch. Und: Ich mag Hamburg sehr. Das spricht natürlich auch dafür bei Euch eine Sendung zu gestalten.

2. Was machst Du, wenn Du nicht bei ByteFM moderierst?

Ich arbeite bei SRF in der Musikprogrammierung, das heißt, ich bin zusammen mit einem Team für die Playlisten von verschiedenen Radiosendern zuständig – in meinem Fall SRF 1 und SRF 3. Etwa einmal monatlich mache ich zudem die Redaktion fürs „Country Special“ auf SRF 1. Daneben schreibe ich über Musik. Und ich spiele in den Bands Howlong Wolf, Neutral Zone und Assignments Tasteninstrumente bzw. Bass. Zuhause habe ich immer mehr Pflanzen und wenn immer möglich, gehe ich auf Reisen und auf Konzerte.

3. In Deiner Sendung Wellenlänge stellst Du nicht nur eine*n Künstler*in vor, sondern vielmehr das musikalische Netzwerk – und beleuchtest spannende Überschneidungen. Wonach wählst Du die Musiker*innen aus?

Zuerst einmal muss mir die Musik auf irgendeine Art und Weise spannend erscheinen. Im Fokus stehen können dabei sowohl Newcomer als auch erfahrene Musiker*innen. Dann muss auch das Netzwerk des jeweiligen Acts interessant sein. Stilistisch versuche ich immer wieder, in andere Genres einzutauchen, ansonsten wird es mir langweilig und es besteht die Gefahr, dass ich mich zu oft in denselben Netzwerken bewege.

4. Du lebst in der Schweiz. Wie würdest Du die Musikszene in Winterthur beschreiben?

Winterthur ist mit 120.000 Einwohner*innen eine relativ kleine Stadt. Dementsprechend kennt man sich – egal, in welchem Genre man Musik macht. Dadurch gibt es immer wieder spannende Kollaborationen. Es gibt hier in der Stadt unglaublich viele Tonstudios – möglicherweise wegen der Nähe zu Zürich und den günstigeren Mieten. Da Zürich so nahe ist (20 Minuten mit dem Zug), sind die Musikszenen stark miteinander verknüpft: In all „meinen“ Bands spielen Leute aus Zürich und Winterthur mit. Weiter haben wir hier in Winterthur für die Größe der Stadt relativ viele Konzerte.

5. In Zeiten von Algorithmen und automatisierten Playlisten: Wie definierst Du ganz persönlich Deine Rolle als Moderatorin? Welchen Stellenwert hat moderiertes Radio für Dich?

Das Konzept meiner Sendung fußt tatsächlich auf Algorithmus-Überlegungen, beziehungsweise auf dem Aufbrechen der Algorithmen: Indem ich das Netzwerk eines bestimmten Acts betrachte, bin ich quasi mein eigener Algorithmus und hoffe so, dass ich als Redakteurin und Moderatorin den Hörer*innen Bands vorstellen kann, welche sie vielleicht noch nicht kennen und nicht schon in den gängigen Playlisten der Streamingplattformen zu hören sind. Als Moderatorin kann ich Informationen zur Musik geben, kann einordnen und hinterfragen, kann Begeisterung versprühen, kann jemanden mit Worten im Alltag begleiten und bestenfalls inspirieren – das alles fehlt bei unmoderierten Programmen. Ich persönlich sehe mich als Begleiterin der Musik und der Hörer*innen und möchte mich weder über noch vor die Musik stellen.

6. Erinnerst Du Dich an die Band oder die Platte, die Dich zum Musikfan gemacht hat?

Das ist vermutlich das selbstbetitelte Album von Blur. Ich hörte schon vorher viel Musik, aber als ich Blur und all die britischen Bands aus dieser Zeit entdeckte, wurde das Musikhören intensiver und ich beschäftigte mich stärker mit der Musik und den Bands dahinter: So ging ich mehrmals monatlich an den Bahnhofskiosk in der Kleinstadt, in der ich aufwuchs und deckte mich mit Musikmagazinen ein. Und ich hörte mir fast täglich die Indie-Sendung „Sounds!“ auf SRF 3 an (die Sendung gibt es übrigens noch immer). Ich blieb lange wach und schaute auf BBC regelmäßig „Later with Jools Holland“. Nach dieser „Britpop“-Zeit hörte ich phasenweise mal viel Jazz, dann fast nur Beat und Garage-Rock aus den 60er-Jahren. Mittlerweile höre ich stilistisch fast alles.

7. Hast Du eine Lieblingsausgabe von Wellenlänge bzw. eine Sendung, die Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Die Ausgabe zur Produzentin Kelly Lee Owens. Mit ihr habe ich für die Wellenlänge ein Interview gemacht. Es war ein sehr schönes inspirierendes Gespräch über Klänge und das Musikmachen.

8. Was war das schönste Kompliment einer Hörerin oder eines Hörers?

Mich freut natürlich jedes Kompliment. Eine Hörerin schrieb einmal, dass bei ihr gerade Vieles anstrengend sei, meine Sendung jetzt gerade aber wie ein Kurzurlaub gewesen wäre. Das ist schon schön, wenn ich mit meiner Sendung den Leuten zumindest für eine Stunde so etwas wie eine kleine neue Welt zeigen kann.

9. Hast Du eine Lieblingssendung bei ByteFM bzw. eine Empfehlung?

Mir gefallen mehrere Sendungen sehr gut. Ich mag Golden Glades von Sandra Zettpunkt sehr, dann habe ich irgendwann Popschutz mit Christoph Möller entdeckt (da ich bemerkt habe, dass wir des öfteren ähnliche Künstler*innen aus dem Electronica-Bereich spielen). Ebenfalls sehr schön finde ich Bossa Brasil von Pedro Crescenti.

10. Was wünschst Du Dir für die Zukunft, für Dich und ByteFM?

Für ByteFM wünsche ich mir, dass es den Sender natürlich noch lange geben wird, dass er unabhängig bleibt und dass weiterhin so viele neue gute Ideen Platz haben. Ich wünsche mir wiederum, dass ich meine Neugierde für immer behalten werde und mich Musik immer wieder aufs Neue überrascht.

Vielen Dank, Christa!

Wellenlänge mit Christa Helbling hört Ihr alle vier Wochen montags von 23 bis 24 Uhr oder in der Wiederholung am darauffolgenden Dienstag von 12 bis 13 sowie am Mittwoch von 19 bis 20 Uhr. Mitglieder im Förderverein „Freunde von ByteFM“ können alle Ausgaben jederzeit in unserem Sendungsarchiv nachhören.

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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