Was ist Musik Komische Käuze V: Van Dyke Parks
Komische Käuze IV: Van Dyke Parks
Neue Singles, alte Alben neu – Eine Hommage
Spiralen der Erinnerung: Van Dyke Parks: Discover America - Intro 2004
Jedem Leben ein kleines Lied hinzufügen, das ist fingerschnippend gut.
Der Satz ist nicht von ihm und auf deutsch klingt er blöd. Dennoch könnte die letzte Zeile aus Allen Toussaints ”Occapella” eines Tages die Grabinschrift des Van Dyke Parks abgeben, so wie dereinst auf Brian Wilsons Grab stehen mag: ”Add some music to your day”. Vielleicht haben die Beach Boys die Idee mit dem ”hinzufügen von Musik” von ihrem Freund Parks, so wie Borneo & Sporenburg sich durch Wilson ermuntert fühlten zu ”This is music added to your day”. In der kindlichen Welt des Brian Wilson trug Parks zu den besten Songs der Beach Boys bei. Im Abstand von 30 Jahren war er an zwei hinreißenden Debütalben beteiligt war, jenem von Rufus Wainwright, als die Welt von queer schon eine Idee hatte, und diesem von Randy Newman, 1968, als die Welt von queer noch keine Idee hatte. Das auf neworleans´sche Art funky-fingerschnippende ”Occapella” ist eins von 16 Schaustücken auf ”Discover America”. Parks war 30 als er das Album aufnahm, neben queer und postkolonial kannte man 1972 auch das Wort Weltmusik nicht, schon gar nicht die Verbrechen, die im Namen dieses Wortes täglich verübt werden. Gleichwohl hat der in Mississippi geborene Kalifornier Van Dyke Parks mit ”Discover America” die beste Weltmusikplatte gemacht, die nie als Weltmusik verkauft wird.
”Discover America” entdeckt american music. Parks betrachtet Amerika mit den Augen eines Bürgers der Vereinigten Staaten von Amerika, und mit dem Blick von Amerikanern, die keine US-Bürger sind und denen es auch deswegen schlechter geht. Auf dem Cover stehen zwei Reisebusse, einer fährt nach Trinidad, der andere nach Hollywood. Wir hören eine Hollywood-Version von Trinidad, wie sie europäische Juden auf der Flucht vor den Nazis im Hollywood der 40er Jahre hätten erfinden können: ein hybrides Flucht-Paradies, eine Trinidad & Tobago-Wunschmaschine. Getrieben von einem mimetisch-phantasmatischen Begehren beamt sich Parks an diesen hyperrealen Ort, indem er zauberhafte Steelbandmusic mit den Croonern seiner Jugend verschleift und dazu antiimperialistische Texte formuliert (möglicherweise ohne es zu wissen). ”Come let me go to Tobago, that paradise found by Robinson Crusoe”, eine schöne Parabel auf Columbus, der Amerika ja auch aus Versehen entdeckt hatte, mit unerfreulichen Folgen für diejenigen Amerikaner, die vor ihm dort lebten. Parks führt uns in Teile Amerikas, die nicht zu den USA gehören, die aber im politischen Kalkül der USA eine Rolle spielen. Sie könnten auch Grenada heissen oder Chile. 30 Jahre vor den wirren europäischen Debatten um ”Antiamerikanismus” formuliert ”Discover America” die dialektische Verschränkung von Liebe zu Amerika und Kritik an der Politik der USA, auf eine Minute verdichtet im letzten Stück der Platte: ”Stars & Stripes forever”. John Philip Sousas Marsch aufs Sternenbanner wird von einer Steel Band so gespielt, dass die Marschierenden aus der Reihe tanzen. Nach den Residents, die Sousa, dem King Of Marches, eine Folge ihrer American Composer Series widmeten, nahmen zuletzt auch Matmos den Stars & Stripes-Marsch auf ihr Album ”The Civil War”. Überhaupt kann man ”Civil war” als späten Nachkommen von ”Discover America” lesen & hören, nicht nur unter dem Aspekt der (bei Matmos expliziten) Queerness. Was ist queer an ”Discover America”? Parks singt je ein (Liebes)lied für Bing Crosby, Jack Palance und G-Man Hoover. Wie Robert Mitchum auf seiner sagenhaften Calypso-Platte rät ein Vater seinem Sohn zur Vorsicht bei der Wahl der Ehefrau - gerade so als bräuchte es die musikalische Verkleidung, um die Wahrheit auszusprechen. Zuverlässig wie Sylvester, Beach- & Pet Shop Boys weckt ”Discover America” essentialistische, rockistische und homophobe Reflexe. Vom todschicken Dandy-Posing auf dem Cover gar nicht zu reden.
Neue Singles, alte Alben neu – Eine Hommage
Spiralen der Erinnerung: Van Dyke Parks: Discover America - Intro 2004
Jedem Leben ein kleines Lied hinzufügen, das ist fingerschnippend gut.
Der Satz ist nicht von ihm und auf deutsch klingt er blöd. Dennoch könnte die letzte Zeile aus Allen Toussaints ”Occapella” eines Tages die Grabinschrift des Van Dyke Parks abgeben, so wie dereinst auf Brian Wilsons Grab stehen mag: ”Add some music to your day”. Vielleicht haben die Beach Boys die Idee mit dem ”hinzufügen von Musik” von ihrem Freund Parks, so wie Borneo & Sporenburg sich durch Wilson ermuntert fühlten zu ”This is music added to your day”. In der kindlichen Welt des Brian Wilson trug Parks zu den besten Songs der Beach Boys bei. Im Abstand von 30 Jahren war er an zwei hinreißenden Debütalben beteiligt war, jenem von Rufus Wainwright, als die Welt von queer schon eine Idee hatte, und diesem von Randy Newman, 1968, als die Welt von queer noch keine Idee hatte. Das auf neworleans´sche Art funky-fingerschnippende ”Occapella” ist eins von 16 Schaustücken auf ”Discover America”. Parks war 30 als er das Album aufnahm, neben queer und postkolonial kannte man 1972 auch das Wort Weltmusik nicht, schon gar nicht die Verbrechen, die im Namen dieses Wortes täglich verübt werden. Gleichwohl hat der in Mississippi geborene Kalifornier Van Dyke Parks mit ”Discover America” die beste Weltmusikplatte gemacht, die nie als Weltmusik verkauft wird.
”Discover America” entdeckt american music. Parks betrachtet Amerika mit den Augen eines Bürgers der Vereinigten Staaten von Amerika, und mit dem Blick von Amerikanern, die keine US-Bürger sind und denen es auch deswegen schlechter geht. Auf dem Cover stehen zwei Reisebusse, einer fährt nach Trinidad, der andere nach Hollywood. Wir hören eine Hollywood-Version von Trinidad, wie sie europäische Juden auf der Flucht vor den Nazis im Hollywood der 40er Jahre hätten erfinden können: ein hybrides Flucht-Paradies, eine Trinidad & Tobago-Wunschmaschine. Getrieben von einem mimetisch-phantasmatischen Begehren beamt sich Parks an diesen hyperrealen Ort, indem er zauberhafte Steelbandmusic mit den Croonern seiner Jugend verschleift und dazu antiimperialistische Texte formuliert (möglicherweise ohne es zu wissen). ”Come let me go to Tobago, that paradise found by Robinson Crusoe”, eine schöne Parabel auf Columbus, der Amerika ja auch aus Versehen entdeckt hatte, mit unerfreulichen Folgen für diejenigen Amerikaner, die vor ihm dort lebten. Parks führt uns in Teile Amerikas, die nicht zu den USA gehören, die aber im politischen Kalkül der USA eine Rolle spielen. Sie könnten auch Grenada heissen oder Chile. 30 Jahre vor den wirren europäischen Debatten um ”Antiamerikanismus” formuliert ”Discover America” die dialektische Verschränkung von Liebe zu Amerika und Kritik an der Politik der USA, auf eine Minute verdichtet im letzten Stück der Platte: ”Stars & Stripes forever”. John Philip Sousas Marsch aufs Sternenbanner wird von einer Steel Band so gespielt, dass die Marschierenden aus der Reihe tanzen. Nach den Residents, die Sousa, dem King Of Marches, eine Folge ihrer American Composer Series widmeten, nahmen zuletzt auch Matmos den Stars & Stripes-Marsch auf ihr Album ”The Civil War”. Überhaupt kann man ”Civil war” als späten Nachkommen von ”Discover America” lesen & hören, nicht nur unter dem Aspekt der (bei Matmos expliziten) Queerness. Was ist queer an ”Discover America”? Parks singt je ein (Liebes)lied für Bing Crosby, Jack Palance und G-Man Hoover. Wie Robert Mitchum auf seiner sagenhaften Calypso-Platte rät ein Vater seinem Sohn zur Vorsicht bei der Wahl der Ehefrau - gerade so als bräuchte es die musikalische Verkleidung, um die Wahrheit auszusprechen. Zuverlässig wie Sylvester, Beach- & Pet Shop Boys weckt ”Discover America” essentialistische, rockistische und homophobe Reflexe. Vom todschicken Dandy-Posing auf dem Cover gar nicht zu reden.
Weitere Ausgaben von Was ist Musik
Playlist
1. |
Van Dyke Parks / Black Gold Black Gold / Bananastan |
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2. |
Van Dyke Parks & Esso Trinidad Steel Band / Aquarium Black Gold / Bananastan |
… |
3. |
Esso Trinidad Steel Band / I Want You Back Esso Trinidad Steel Band / Bananastan |
… |
4. |
Van Dyke Parks / Vine Street Song Cycle / Bella Union |
… |
5. |
Van Dyke Parks / Missin´ Mississipi Missin´ Mississipi / Bananastan |
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6. |
Van Dyke Parks / Bing Crosby Discover America / Bella Union |
… |
7. |
Van Dyke Parks / Ode To Tobago Discover America / Bella Union |
… |
8. |
Van Dyke Parks / Stars And Stripes Forever Discover America / Bella Union |
… |
9. |
Willie Dickson & The Playboys / Licking Stick West Indies Funk / Trans Air |
… |
10. |
Van Dyke Parks / Dreaming Of Paris Dreaming Of Paris / Bananastan |
… |
11. |
Van Dyke Parks & Brian Wilson / Sail away Orange Crate Art / Warner |
… |
12. |
The Beach Boys / Cabinessence Smile / EMI |
… |
13. |
West Coast Pop Art Experimental Band / High Coin Transparent Day / Edsel |
… |
14. |
Dino Martin / Sitting Here In Limbo Arrangements Volume 1 / Bananastan |
… |
15. |
Lowell George / Cheek To Cheek Thanks I´ll Eat It Here / Warner |
… |
16. |
Van Dyke Parks / Sailin´ shoes Discover America / Bella Union |
… |
17. |
Inara George With Van Dyke Parks / Family Tree Inara George - With Van Dyke Parks / Everloving |
… |
18. |
Rufus Wainwright / Foolish Love Rufus Wainwright / Geffen |
… |
19. |
Van Dyke Parks / City On The Hill Clang Of The Yankee Reaper / Bella Union |
… |
20. |
Van Dyke Parks / Cannon In D Clang Of The Yankee Reaper / Bella Union |
… |
21. |
Van Dyke Parks / Van Dyke Parks Song Cycle / Bella Union |
… |
22. |
Van Dyke Parks / Public Domain Song Cycle / Bella Union |
… |
23. |
Van Dyke Parks / Wall Street Wall Street / Bananastan |
… |
24. |
Van Dyke Parks / Money Is King Wall Street / Bananastan |
… |
25. |
Mighty Sparrow / The Slave Sparromania – Wit Wisdom And Soul From The King Of Calypso / Strut |
… |
26. |
Van Dyke Parks / Hold Back Time Hold Back Time / Bananastan |
… |
27. |
Van Dyke Parks / Amazing Graces Hold Back Time / Bananastan |
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