Sendungen

Was ist Musik Was ist eigentlich aus dem Protestsong geworden?

ByteFM: Was ist Musik vom 20.09.2021

Ausgabe vom 20.09.2021: Was ist eigentlich aus dem Protestsong geworden?

“Too Many Protest Singers, Not Enough Protest Songs!” An dieses Lamento von Edwyn Collins aus dem Jahr 1994 erinnert dieser Tage Anna B Savage mit ihrem genderverkehrenden Cover von „A Girl Like You“. Ein Grund mehr zu fragen: Was ist eigentlich los mit dem Protestsong? Antworten kommen vor allem von KünstlerINNEN. "It's Energy Time!" verkündet die Dichterin/Sängerin Camae Ayewa auf einem neuen Track ihrer Band Irreversible Entanglements, über die The Nation schreibt: “Irreversible Entanglements' fearless music takes to task the police, American politics, capitalism, and racism.” Also die üblichen Verdächtigen. Unter dem Namen Moor Mother veröffentlicht Camae Ayewa gerade ein neues Album, über das Christian Werthschulte in der taz schreibt:

„'No more master clock!' – 'Nie wieder nach der Uhr der Herren!' Irgendwann inmitten einer Lärmkaskade auf ihrem neuen Album 'Black Encyclopedia of the Air' schreit die US-amerikanische Dichterin und Musikerin Moor Mother, bürgerlich Camae Defstar, diesen Slogan ins Mikrofon. Es ist die ultimative Ermächtigungsgeste. Kon­trolle über die Zeit zu besitzen, das ist eine klassische Forderung emanzipatorischer Bewegungen. Die Revolutionäre der Pariser Commune schossen 1871 angeblich auf die Turm­uhren, ein Jahrhundert später traten die überwiegend Schwarzen Ford-Arbeiter:innen in Lordstown im US-Bundesstaat Ohio in den Streik wegen der Taktung des Fließbands.“ Werthschultes Fazit: „Moor Mother macht Protestmusik, aber keine, die sich im Wiederkäuen von Slogans erschöpft.“ Und weiter: „Wo Moor Mother mit ihrer Musik die Grenzen der Zeitwahrnehmung zu transzendieren versucht, rennt die britische Künstlerin Loraine James mit ihrem Album 'Reflection' gegen diese Grenzen an. Die Elektronik-Produzentin lebt in London, wo die Sehnsucht nach einer Fantasieversion der imperialen Vergangenheit die ernsthafte Beschäftigung mit der Gegenwart längst verdrängt hat. Die Diskussionen um die Statuen von ehemaligen Sklavenbesitzern im öffentlichen Raum, die Strohmann-Debatten um 'Critical Race Theory' im britischen Unterhaus – sie alle sind Ausdruck einer 'postkolonialen Melancholie' (Paul Gilroy), die den Blick auf die interkulturelle Realität verstellt.“

Diesen KünstlerINNEN geht es nicht darum, die Welt zu retten wie Bono. „Try to save the world like Bono” ist der Titel eines wortlosen Tracks von Keta Caviar, der mit einem anderen Titel nicht weiter auffallen würde. „PROTEST SONGS 1924 – 2012“ wiederum ist der Titel des kommenden Albums der Specials, die ein paar der tollsten Protestsongs ever gemacht haben, vor 40-42 Jahren.

Kommentare

(Noch keine Kommentare)
Eingeloggte "Freunde von ByteFM" können Kommentare hinterlassen.

Playlist

1.  Anna B Savage / A Girl Like You
A Girl Like You / Rough Trade
2.  The Bug / Vexed (Ft.Moor Mother)
Fire / Ninjatune
3.  Irreversible Entanglements / Open The Gates
Open The Gates / International Anthem
4.  Moor Mother / Tarot (Ft.Yatta)
Black Encyclopedia Of The Air / Anti/Indigo
5.  Moor Mother / Zami
Black Encyclopedia Of The Air / Anti/Indigo
6.  Moor Mother / Race Function Limited (Ft.Brother May)
Black Encyclopedia Of The Air / Anti/Indigo
7.  Loraine James / Simple Stuff
Reflection / Hyperdub/Cargo
8.  Vivien Goldman / Home
Next Is Now / Cadiz Music
9.  The Specials / -
Protest Songs 1924 – 2012 / Universal
10.  Brain Damage Meets Big Youth / Educated Fools
Beyond The Blue / Jarring Effects
11.  Brain Damage Meets Big Youth / Biological Warfare
Beyond The Blue / Jarring Effects
12.  Keta Caviar / Try To Save The World Like Bono
Timeless Classix Vol.1 / Resonance Moscow