Kindness – „Otherness“ (Album der Woche)

Cover von Kindness – „Otherness“ (Album der Woche)

Kindness – „Otherness“ (Female Energy)

Das verflixte zweite Album. Es ist immer von Neuem spannend: Wird sich der Künstler aus den Fängen seines Debüts freispielen? Oder ist die Angst vor Veränderung zu groß? Otherness von Kindness signalisiert die Andersartigkeit direkt im Titel. Er hätte das Album genauso gut „Timeless“ oder „Togetherness“ nennen können: Die Hälfte der Songs sind Kollaborationen. Und das alles klingt ziemlich zeitlos.

Vor zwei Jahren veröffentlicht Adam Bainbridge, der Brite mit den indisch-afrikanischen Wurzeln alias Kindness sein Debütalbum mit dem provokanten Titel World, You Need A Change Of Mind. Das zugehörige Cover ist schwarz, weiß, schlicht: Es zeigt Bainbridges Körper, zumindest den Ausschnitt zwischen Bauchnabel und Nase. Zwei Jahre später, zweites Album: Das Cover ist farbig, näher, ‚anders‘: Die Großaufnahme seines Kopfes mit undurchsichtiger Mimik stellt das zwangsläufige Gegenteil zum anonymen Erstlingswerk dar. Ist es angesichts dessen nicht bezeichnend, dass gerade der Albumopener World Restart heißt? Und dass Kindness bei diesem Song im Hintergrund bleibt und stattdessen R&B-Wunderkind Kelela und Ade die Leadvocals überlässt?

Und trotzdem – oder gerade deshalb – gibt Bainbridge mehr von sich preis. Er wühlt sich durch ernste Themen, offenbart Stück für Stück seine musikalische Genialität, die er auf dem Vorgänger schon andeutet. Für Songs wie I’ll Be Back muss man Kindness einfach bewundern: Glasklare Klavierakkorde und warme Synthies tanzen mit einem schweren Beat und Fingersnips um die Wette – dennoch klingt das Resultat unheimlich schwerelos. „Baby, tell me your fantasies“, haucht die betörende Stimme von Kelela auf With You, das mit dumpfen Bässen und einer Saxofonbegleitung die richtige Mischung aus Kitsch und tiefer Ernsthaftigkeit findet. Und mit der schwedischen Pop-Chanteuse Robyn werden auf Who Do You Love? sämtliche Reminiszenzen an die späten 80er ausgepackt: Rock-Orgel, sehnsüchtige Synthies, hüpfende Bässe und ein unbeschwerter Rhythmus. Die anderen Songs, darunter auch Features mit Dev Hynes alias Blood Orange, Tawiah oder M.anifest sind nicht weniger experimentell und rücken Future Soul, R&B und Pop in ein neues, glanzvolles Licht.

Kindness spielt, singt, (ent)zaubert sich aus seinem Debüt an einen Ort, an dem drei Dinge oberstes Gebot sind: Mut zum kollektiven Arbeiten, Mut zu neuen Experimenten und Mut, die im Albumtitel angedeutete Andersartigkeit auszuleben: „There’s a lot of great, direct contemporary-sounding pop music to choose from, but even the most mainstream of mainstream audiences might also want something that sounds different from time to time. My motivation is: ‚What do I feel I can do better than anyone else?‘ I hope I’ve made that record.“

VÖ: 10. Oktober 2014
Label: Female Energy

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