Jungle – „Volcano“ (Album der Woche)

Von ByteFM Redaktion, 14. August 2023

Cover des Albums „Volcano“ von Jungle, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Jungle – „Volcano“ (Caiola)

Wir schreiben das Jahr 2018. Die Welt ist mit Drakes „In-My-Feelings“-Challenge beschäftigt und staunt über Childish Gambinos „This Is America“. Das Wort „Corona“ ist noch allgemein ein Synonym für mit Limetten-Zuschuss ganz gut erträgliches Lager-Bier. Und Josh Lloyd-Watson und Tom McFarland stecken in einer tiefen Krise. Die beiden Köpfe des Projekts Jungle hatten vier Jahre vorher mit ihrem preisgekrönten selbstbetitelten Album ein hochgradig erfolgreiches Debüt vorgelegt. Singles wie „The Heat“ oder „Busy Earnin’“ waren amtliche Hits, die sowohl auf Großraumfestivals als auch in Werbespots ein Millionenpublikum erreichten. Ihr kopfstimmenlastiger Indie-R&B hat 2014 noch den Nerv der Zeit getroffen. Nun soll ein Nachfolger her – und die beiden Briten drohen, unter dem Druck zu kollabieren.

Das 2018 veröffentliche, lang und mühselig ausgeklügelte zweite Jungle-Album „For Ever“ wurde schlussendlich ebenfalls ein beachtlicher Erfolg. Und gleichzeitig für Lloyd-Watson und McFarland eine sehr belastende Erfahrung, wie sie im Interview mit dem NME berichteten. Aus dieser lernten sie jedoch eine wichtige Lektion für ihre Zukunft.

Grooves statt Konzept

Die Lehrstunde erteilte der Produzent Inflo, mit dem sie für die Single „Casio“ zusammenarbeiteten. Der Londoner (und einer der Strippenzieher hinter dem Projekt Sault) verriet Jungle, dass er ein ganzes Sault-Album innerhalb nur einer Woche produzieren kann. Dass Druck und große künstlerische Ambitionen nur konstruierte Hindernisse sind, die nicht halb so wichtig sind wie Vibes und Flow. Ein halbes Jahrzehnt später scheint diese Lektion endlich Früchte zu tragen: Ihre vierte LP „Volcano“ ist die spielerischste Platte, die Jungle jemals produziert haben. Im Verlauf der 14 Songs scheinen Lloyd-Watson und McFarland nur ein einziges Ziel vor Augen zu haben: den angenehmsten, leichtfüßigsten Sound zu finden.

Die Songs von „Volcano“ entstanden tatsächlich innerhalb eines kurzen Zeitraums, in einer Airbnb-Wohnung in Los Angeles. Die Spontaneität merkt man den Songs direkt an: Tracks wie „Us Against The World“ und „Candle Flame“ basieren auf genauso repetitiven wie infektiösen Hooks. Mal klingen diese nach House oder Italo-Disco („Holding On“), mal nach Funk und Soul („Back On 74“). Andere Songs wie „Dominoes“ erinnern an die Sampling-Kunst von Madlib oder The Avalanches – obwohl Jungle für „Volcano“ so gut wie keine fremden Samples benutzten. Stattdessen nahmen sie eigene Schnipsel im Oldschool-Soul-Format auf, um sie selbst als hochgepitchte Klang-Flicken zu benutzen.

Generell verzichteten sie während der Produktion auf digitalen Schnickschnack. Die Beats entstanden allesamt in analoger Handarbeit – was auch den warm knisternden Sound erklärt. Und anstatt selbst große Geschichten in ihren Texten zu erzählen, überlassen sie diese Aufgabe ihren Gastfeatures aus der HipHop-Welt, wie Roots Manuva, Erick The Architect (ein Teil der US-Indie-Rap-Band Flatbush Zombies) und Channel Tres (dessen weiche Stimme in „I’ve Been In Love“ die perfekte Ergänzung zum neuen smoothen Jungle-Sound bildet). Auf „Volcano“ gibt es keinen Druck, keine kopflastigen Konzepte. Stattdessen regiert der Groove.

Veröffentlichung: 11. August 2023
Label: Caiola

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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