Sampha – „Process“ (Album der Woche)

Cover des Albums Process von SamphaSampha – „Process“ (Young)

Sampha war 13, als er sich das erste Mal als Produzent versuchte. Auf dem Computer seines großen Bruders probierte er sich in der Audio-Software Cubase aus und bastelte als frischgebackener Teenager seine ersten Beats. Man könnte sagen, dass es bis zur Veröffentlichung seines Debütalbums „Process“ ganz schön lang gedauert hat, gemessen an diesem frühen Einstieg in die Musikproduktion. Aber Sampha, heute 28, ist hinter den Kulissen schon lange ein gefragter Künstler – es ist ziemlich wahrscheinlich, dass man bereits eine seiner Produktionen gehört hat. Frank Ocean, Beyoncé, Kanye West, SBTRKT und Drake haben den Londoner alle schon dazu eingeladen, ihre Songs zu verfeinern.

Den Mut dafür fassen, das Private in der eigenen Musik sprechen zu lassen, sich selbst einem anonymen Publikum zu öffnen – dafür hat Sampha Zeit gebraucht. Es ging um nichts Geringeres als um das Finden der eigenen Stimme. Mit „Process“ ist ihm das auf berührende Weise gelungen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sampha hat einen unvergleichlichen Gesang, mit jedem Ton demonstriert er ein Wechselspiel von Verletzlichkeit und Stärke. Neben Drum Machines und Synthesizern ist die Stimme für Sampha ein Instrument, von dem er genau weiß, wie er es einsetzen will.

Sein Gesang bestimmt maßgeblich die Richtung, die die Tracks auf „Process“ nehmen. Das erinnert an James Blake, der lang mit Dubstep-Collagen und R&B-Samples experimentierte, ehe er seinen Bariton in den Mittelpunkt seiner Musik stellte. Samphas musikalische Sozialisierung in Süd-London lief ganz ähnlich ab. Das spiegelt sich auf „Process“ wider: Rhythmus-Arrangements zwischen Uhrwerk, Zerstreuung und Beat Repeats. Pulsierende, tiefe Bässe. Eingestreute Vocal-Samples, die kurz irritieren und dann mitreißen.

Dass er clever und souverän zwischen ambitionierten Brechungen und einfühlsamem Pop manövrieren kann, das überrascht bei der Liste von Samphas bisherigen Kollaborationen nicht. Mit „Process“ beweist der Musiker allerdings, dass er viel mehr drauf hat. Dass er für seine Songs bei sich selbst aus dem Vollen schöpfen kann, Geschichten zu erzählen hat. Und nicht zuletzt Folgendes: „You would show me I have something, some people call a soul.“ Das singt Sampha in „(No One Knows Me) Like The Piano“, einer Hommage auf seine im vergangenen Jahr verstorbene Mutter.

Veröffentlichung: 3. Februar 2017
Label: Young

 

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