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Kramladen 04.03.2010

ByteFM: Kramladen vom 04.03.2010

Ausgabe vom 04.03.2010:

Let It Be – überfrachtet und nackt

Vor 40 Jahren – genau am 06.03.1970 – erschien mit „Let It Be“ die letzte Single der Beatles in Europa. (In den USA wurde am 11. Mai 1970 mit „The Long And Windig Road“ noch eine weitere Single veröffentlicht.) Fünf Wochen später (am 10. April 1970) erklärte Paul McCartney seinen Ausstieg aus der Band und besiegelte damit das Ende der Beatles. Schon sieben Tage später erschien sein erstes Solo-Album „McCartney“. Als das letzte Beatles-Album „Let It Be“ am 8. Mai 1970 auf den Markt kam, gab es die Beatles bereits nicht mehr. Auch Ringo hatte sein Solo-Debut „Sentimental Journey“ inzwischen schon – am 27. März 1970 – veröffentlicht (soeben erschien übrigens Ringos neues Album „Y Not“, an dem sich Paul McCartney bei zwei Songs beteiligte), und John Lennon war mit dem Album „Live Peace In Toronto“ seiner Plastic Ono Band schon im Dezember 1969 vorgeprescht. Nur George Harrison ließ sich mit seinem Soloalbum „All Things Must Pass“ bis November 1970 Zeit, überraschte dann aber gleich mit einem Dreifach-Album.

Die Songs des Albums „Let It Be“ entstanden bereits im Januar 1969. Doch die Spannungen und Querelen in der Band hatten ein derart unerträgliches Ausmaß erreicht, dass keiner mehr Lust hatte, an den unbefriedigenden Aufnahmen noch weiter zu arbeiten. Frustriert legte man die Bänder erst mal auf Eis. Die Songs waren in einem ungemütlichen und kalten Filmstudio aufgenommen worden, gleichzeitig filmte ein Kamerateam alles, was im Studio passierte, also auch die persönlichen Auseinandersetzungen und Streitereien. Aus vertraglichen Gründen sahen sich die Beatles gezwungen, noch einen Kinofilm abzuliefern. Die Idee des Films und des Albums war, die Beatles beim Ausarbeiten, Arrangieren und Aufnehmen neuer Songs zu beobachten, also den kreativen Entstehungsprozess eines Beatles-Albums zu dokumentieren. Die musikalische Vorgabe lautete: zurück zu den Wurzeln, keine Studiotricks, keine Overdubs; die Band sollte wie in ihren Anfangszeiten live zusammenspielen. Eine ehrliche, authentische Musik sollte entstehen. Und das geschah auch. Doch die Aufnahmen zeigten auch ehrlich und schonungslos den Zerfall einer Band. Paul McCartney spielte den Antreiber und Chef, John und George fügten sich entweder lustlos oder opponierten vehement, Ringo hielt sich zurück, während Yoko Ono an der Seite von John ständig präsent war, was den anderen gehörig auf die Nerven ging. Dass unter diesen Bedingungen doch noch ein paar halbwegs akzeptable Aufnahmen zustande kamen, lag am handwerklichen Können der Band, die noch im Auseinanderbrechen ihre alte Klasse ab und an aufblitzen ließ. Nach all den Streitereien und Zerwürfnissen, die unter anderem zum kurzzeitigen Ausstieg von George Harrison aus der Band führten, grenzte es fast schon an ein Wunder, dass sich die vier Streithähne im April 1969 noch einmal zusammenrauften, um ihr letztes Meisterwerk „Abbey Road“ aufzunehmen, das dann am 26. September 1969 veröffentlicht wurde.

„Abbey Road“ war insofern das eigentliche Nachlass-Album der Beatles, doch wegen der langwierigen Auseinandersetzungen um die Aufnahmen zum Film- und Albumprojekt vom Januar 1969, sollten diese Songs unter dem Titel „Let It Be“ als letztes Beatles-Album veröffentlicht werden. Die Uraufführung des gleichnamigen Films fand am 13. (in den USA), bzw. am 20. Mai 1970 (in Europa) statt.
Weil sich keiner der Beatles mit den Bändern der „Let It Be“-Sessions beschäftigen wollte, wurden die halbfertigen Aufnahmen dem Produzenten Phil Spector übergeben. Mit den zuckrigen Streichern, pompösen Orchesterarrangements und pathetischen Chören, die Spector den Originalaufnahmen teilweise hinzugefügt hatte, war vor allem Paul McCartney überhaupt nicht zufrieden. Er wollte die Veröffentlichung in dieser überfrachteten Fassung verhindern. Doch die andern drei hatten offenbar keine Lust mehr, sich nochmals mit dem unerfreulichen Projekt beschäftigen zu müssen und bestanden darauf, das Album in der von Phil Spector aufgedonnerten Nachbearbeitung auf den Markt zu bringen. Paul McCartney war darüber so sauer, dass dies der entscheidende Grund für ihn war, wie er in späteren Interviews betonte, sich von den Beatles zu trennen, was er am 10. April 1970 dann auch öffentlich machte.

Im November 2003 – neben John Lennon war nun auch George Harrison nicht mehr am Leben – brachte Paul McCartney seine Fassung von „Let It Be“ heraus, wie er sie ursprünglich haben wollte: ohne Mätzchen, ohne Streicher, ohne Chöre. Er nannte dieses Album „Let It Be ... Naked“ – eben nackt, so wie Gottvater McCartney seine Songs („The Long And Winding Road“ und „Let It Be“) ursprünglich erschaffen hatte.

Der Kramladen erinnert in dieser Stunde an das Zeitdokument „Let It Be“, an das berühmte „Rooftop-Concert“, das letzte Live-Konzert der Beatles auf dem Dach des Apple-Gebäudes und an die „Naked“-Neuabmischung von McCartneys Gnaden.

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Playlist

1.  L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik)
Touch Me There / Zappa Records
2.  Ringo Starr / Peace Dream
Y Not / Universal
3.  The Beatles / One After 909
Let It Be (remastered 2009) / Apple / EMI
4.  Willie Nelson / One After 909
Come Together – America Salutes The Beatles / Liberty Records
5.  The Beatles / Don’t Let Me Down
Let It Be - Naked / Apple / Parlophone / EMI
6.  Stereophonics / Don’t Let Me Down
I am Sam / V2
7.  The Beatles / Dig A Pony
Let It Be - Naked / Apple / Parlophone / EMI
8.  The Beatles / I Me Mine
Let It Be (remastered 2009) / Apple / EMI
9.  The Beatles / For You Blue
Let It Be (remastered 2009) / Apple / EMI
10.  John Lennon / Everyone Had A Hard Year
The Beatles Documents Vol. 6 / Document Records
11.  The Beatles / I’ve Got A Feeling
Let It Be - Naked / Apple / Parlophone / EMI
12.  The Beatles / The Long And Winding Road
Let It Be (remastered 2009) / Apple / EMI
13.  The Beatles / The Long And Winding Road
Let It Be … Naked / Apple / Parlophone / EMI
14.  The Beatles / Let It Be
Let It Be … Naked / Apple / Parlophone / EMI