James Blake – „The Colour in Anything“ (Polydor)
Nach Kanye West und Beyoncé veröffentlichte letzte Nacht auch der britische Songwriter und Produzent James Blake sein neues Album „The Colour in Anything“ als Blitz-Release über Nacht, ohne herkömmliche Promotion-Kampagne, ja sogar ohne offizielle Single und Video.
„The Colour in Anything“ ist mit 18 Tracks und 76 Minuten Spielzeit ein deutlich längeres Album als die Vorgänger „Overgrown“ und „James Blake“ geworden. In einem Interview auf BBC Radio 1 beschrieb Blake das Album als Reise, die in England begann und, als der kreative Fluss einmal ins Stocken geriet, in Rick Rubins Shangri-La Studios in Malibu zu Ende gebracht wurde.
Der Albumtitel und das Artwork, das vom Cartoonisten und Kinderbuchillustrator Sir Quentin Blake stammt, wurden Anfang der Woche auf Murals in Brooklyn und London erstmals gezeigt. Gestern am Abend kündigte Blake via Twitter an, das Album um Mitternacht nach britischer Zeit zu veröffentlichen. Das Tracklisting postete er auf Instagram. Gilles Peterson versicherte, das Album enthalte „mindestens fünf absolute Killer“. Drei Stücke, darunter „I Need a Forest Fire“ mit Justin Vernon (Bon Iver), gab es vorab in einer BBC-Radiosendung, auf Spotify und Youtube zu hören. Um ein Uhr deutscher Zeit war das Album tatsächlich bei den großen Digitalanbietern verfügbar.
Der erste Eindruck von „The Colour in Anything“ zeigt den typischen Trademark-Sound aus Klavierballaden, manipulierten Geistervocals und verhallten Dub-Sinfonien – allerdings in einer weniger düsteren und melancholischen Variante als bei den Vorgängern. Tatsächlich gibt Blake im Interview mit den Kollegen von Pitchfork an, diesmal offener für Einflüsse von außen gewesen zu sein. Er habe sich seine alte Musik angehört und gefunden, dass er darin nicht wie ein glücklicher Mensch klinge. Aber er habe den Kreislauf aus Angst und Depression nicht aufrecht erhalten wollen, „nur um Kunst daraus zu extrahieren“.
Justin Vernon ist der einzige Gast auf dem Album, Frank Ocean und Rick Rubin werden als Co-Autoren geführt. In genanntem Interview erklärt Blake, dass er auch an Oceans neuem Album, dem noch unveröffentlichten Nachfolger zu „Channel: Orange“ mitgearbeitet habe. Die beiden seien mittlerweile gute Freunde geworden. Im selben Gespräch erzählt Blake auch, dass er eigentlich einen Vers von Kanye West auf dem Song „Timeless“ haben wollte, was jedoch am Ende wegen persönlicher Ereignisse in Wests Leben nicht passiert sei.
Auf Beyoncés Album „Lemonade“, das vor zwei Wochen erschienen ist, tauchte Blake bereits als Songwriter und Gastsänger auf. Sein tieftrauriges Interlude „Forward“ wurde im „Lemonade“-Film mit Bildern der weinenden Mütter der von Polizisten ermordeten Afroamerikaner Eric Garner, Michael Brown und Trayvon Martin unterlegt. Blake behauptet in dem Pitchfork-Interview auch, Beyoncés und Jay-Zs Tochter Blue Ivy habe seinen „Lemonade“-Beitrag besonders gern gemocht.